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Neues vom Planeten MODE: Sehnsucht nach Barbara Becker

Elena Senft über die Unterwäschemesse „5 Elements“

Ein sicheres Gesetz in der Welt der weiblichen C-Prominenz lautet: Wenn der berühmte Ehemann weg ist, ist der Weg in die Schmuckdesign- oder die spirituell angehauchte Sportbekleidungsbranche geebnet. Die Erfolgreichsten schaffen beides und haben ab diesem Moment lebenslanges Recht, auf allen Promiveranstaltungen ganz Deutschlands aufzutauchen und zu erzählen, was für ein Kleid sie tragen. Barbara Becker, die Exfrau von Boris Becker, ist in beiden Branchen aktiv. Und deswegen unterhält sie auch einen Stand auf der Unterwäschemesse „5 Elements“ auf dem Messegelände, den Stand der Firma Venice Beach nämlich, die die neue Becker-Kollektion vertreibt und sich auf Yoga- und Pilates-Outfits kapriziert hat. Später wird Barbara Becker auf der Messebühne noch einige Übungen vorturnen.

Die „5 Elements“ ist eine Messe, die ihren Zulauf zumindest teilweise der Tatsache zu verdanken hat, dass sich manche Besucher nur verlaufen, die zur Grünen Woche in der Nebenhalle wollten. Dann stehen plötzlich ältere Männer in Herrenlederwesten und Damen in Multifunktionsjacken, die Fragen zu Fleischwurst hatten oder Käsehäppchen essen wollten, in der weiß gehaltenen Halle, zwischen Seidentangas und Fett-weg-Bodys, die eine resolute Verkäuferin mit den Worten „wenn ses erstma rinn jeschafft haben, könnse irgendwann ooch wieder atmen“ anpreist. Von Barbara Becker ist bislang nichts zu sehen. Außer einem überlebensgroßen Venice-Beach-Poster, auf dem sie in weißem Bustier-Top, grauen Sporthosen, demütigendem Waschbrettbauch und wehendem Haar posiert. Becker und Venice Beach behaupten, sie würden mit der Kollektion „frischen Wind in die Welt der Sportmode“ bringen. Tatsächlich sieht man einfach nur einfarbige, öde Leggings oder deren sultanhaftes Gegenteil.

Die „5 Elements“ ist eine Messe voller Widersprüche. Eine seltsame Melange aus Eleganz, Geschmacklosigkeit und Schlüpfrigkeit, bei der man erst an keuschen, feinen Seidenhemdchen vorbeiläuft, dann eine Bügelreihe fieser Neunziger-Jahre-XXL-Nachthemden mit schlafassoziativen Motiven wie Schäfchen oder Sternen passiert, um dann einen irritierten Blick auf den Stand eines gut gelaunten Holländers zu werfen, der den vorbeilaufenden Besuchern Silikonbusen auf die Arme klebt, um zu zeigen, wie gut die im BH halten. Dazwischen stehen schlecht gelaunte Freizeit-Models in Unterhosen. Eine sagt: „Manno, der Tanga kneift.“ Dann verteilt sie weiter Broschüren.

Fast vermisst man Barbara Becker ein bisschen. Und dieses Gefühl sollte man genießen. Es ist ein seltenes Gefühl.

Elena Senft wird auch in den kommenden Tagen für uns Modemessen besuchen

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