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Mats Hummels, 22, wurde Anfang 2008 vom FC Bayern an Borussia Dortmund ausgeliehen, später dann verkauft. Jetzt hat der Abwehrspieler in Dortmund verlängert.

© dapd

Mats Hummels: "Ich möchte spielen, weil ich besser bin"

Der nächste Schritt sollen regelmäßige Einsätze im DFB-Team sein: Mats Hummels über seinen Aufstieg in der Nationalelf und die Unterschiede zu Borussia Dortmund.

Herr Hummels, die Nationalmannschaft wird für ihre besondere Wohlfühl-Atmosphäre gelobt, gerade von Spielern, die es in ihren Vereinen nicht leicht haben. Für einen Dortmunder dürfte das eigentlich nichts Besonderes sein.

Stimmt, der Umgang untereinander ist ähnlich. Aber damit wir uns nicht falsch verstehen: Es ist auch für uns Dortmunder sehr angenehm, selbst wenn es uns vielleicht nicht so sehr auffällt – weil wir ja keinerlei Probleme im Verein haben.

Keinerlei Probleme – das ist ein bisschen untertrieben.

Ja, wir haben in Dortmund wirklich eine besondere Konstellation. Wir erleben eine Ausnahmesituation. Das ist so besonders, dass ich nicht weiß, ob ich so etwas noch einmal erleben werde, wenn es in Dortmund einmal vorbei sein sollte. Ich weiß nicht, wie lange das anhält, aber missen möchte ich das auf keinen Fall.

War das der Grund, warum Sie Ihren Vertrag beim BVB verlängert haben?

Es gab viele Faktoren, die für Borussia Dortmund gesprochen haben. Die Atmosphäre im Stadion, die nicht nur in Deutschland, sondern weltweit einmalig ist. Die Stimmung im Team und natürlich unsere Erfolge. Für unsere Spielweise haben wir sogar noch zu wenige Punkte geholt – und trotzdem haben wir sieben Punkte Vorsprung vor Leverkusen. Wenn man das alles zusammennimmt, war es wirklich keine schwierige Entscheidung.

Sie hätten auch zu den Bayern gehen können, zu ihrem Heimatverein, der noch eine Kaufoption besaß und große Probleme in der Abwehr hat. Warum haben Sie sich gegen die Bayern entschieden?

Ich habe mich nicht gegen jemanden entschieden; ich habe mich für Borussia Dortmund entschieden – weil ich die Situation positiv sehe und da nicht weg möchte. Ich brauche immer eine gewisse Kontinuität, und wenn ich mich irgendwo wohl fühle, denke ich nicht daran, dass es woanders besser sein könnte. Ich bin ja bisher auch nicht dadurch aufgefallen, dass ich alle zwei Monate Wechselgedanken äußere.

Für Ihre Karriere in der Nationalmannschaft ist es auch kein Nachteil mehr, in Dortmund zu spielen. Spüren Sie inzwischen eine größere Wertschätzung des Bundestrainers für Ihre Leistungen?

Ich merke schon, dass es immer mehr wird. Ich war drei Mal zur Nationalmannschaft eingeladen und bin auch jedes Mal eingesetzt worden. Der nächste Schritt muss es jetzt eigentlich sein, auch regelmäßig zu spielen. Mein Ziel ist es auf jeden Fall, nicht auf der Bank zu sitzen.

Wie nah fühlen Sie sich am Stammplatz?

Das weiß ich nicht. Die anderen drei Innenverteidiger, die mit mir im Aufgebot stehen, sind auch richtig gut. Arne Friedrich zum Beispiel hat eine weltklasse WM gespielt.

Aber Sie haben auch schon einige Konkurrenten hinter sich gelassen: Serdar Tasci und Heiko Westermann sind gar nicht mehr eingeladen, dazu macht Holger Badstuber gerade eine Formkrise durch, und Friedrich war lange verletzt.

Ich will nicht durch Schwächen oder Verletzungen anderer spielen, sondern weil ich besser bin. Natürlich mache ich mir Hoffnungen, gegen Kasachstan in der Startelf zu stehen – aber allein aufgrund meiner eigenen Leistungen in den vergangenen Wochen.

Sie haben mal gesagt: Kein Junge ist gerne Verteidiger. Haben Sie sich mit der Rolle inzwischen angefreundet?

In der Jugend war ich immer Stürmer – bis ich 14 oder 15 war. Dann hat mein Vater mich eine Saison trainiert und mich ins defensive Mittelfeld gestellt. Die Sechs macht mir auch Spaß, aber als ich da in der vorigen Saison in Dortmund gespielt habe, habe ich es nicht gut gemacht. Und die Bundesliga ist eben kein Probierfeld, wo ich mal eine Halbserie lang eine neue Position testen kann.

Haben Sie als Innenverteidiger Vorbilder, denen Sie nacheifern?

Nein, hatte ich nie. Wenn ich mir ein Fußballspiel anschaue, achte ich auch nicht speziell auf die Verteidiger. Ich bin dann eher Fan, der schöne Spielzüge sehen will. Als Innenverteidiger gefällt mir im Moment Piqué vom FC Barcelona am besten. Aber ich glaube, mit dieser Meinung bin ich auch nicht alleine auf der Welt.

Was schätzen Sie an ihm?

Er hat einen präzisen, scharfen, flachen Pass, verfügt – soweit ich das beurteilen kann – über eine ansprechende Technik und hat auch schon ein paar interessante Tore geschossen. Aber das Wichtigste für einen Verteidiger ist einfach die Defensivarbeit, und da ist er einfach herausragend.

Ihr Dortmunder Kollege Neven Subotic hat vor kurzem gesagt, die gegnerischen Stürmer probierten sich erst an Ihnen und würden es dann bei ihm versuchen, weil es gegen ihn ein bisschen leichter sei.

Ich glaube, da hat er leider was Falsches gesagt. Einen Zweikampf mit Neven möchte ich jedenfalls nicht bestreiten.

In Dortmund sind Sie beide Teil der besten Defensive der Liga. Woher kommt diese Stabilität?

Durch zweieinhalb Jahre hartes Training unter Jürgen Klopp. Auch wenn es vielleicht anders aussieht: Es fällt uns leider nicht leicht zu verteidigen, das musste Jürgen Klopp uns regelrecht einhämmern. Es geht nur, wenn man auf jeder Position alles dafür tut. Unser Ansatz ist defensiv. Alle elf Spieler haben erst einmal dafür zu sorgen, kein Gegentor zu bekommen, der Rest ergibt sich dann. Deshalb sind wir bisher defensiv so stark.

Gibt es da einen Unterschied zur Nationalmannschaft?

In der Nationalmannschaft wird das Verhältnis zwischen Defensive und Offensive ausgewogener gesehen. Es ist nicht wie bei uns in Dortmund, dass das Training eher der Defensive gilt und die defensiven Mechanismen das Wichtigste sind. Hier spielen beide Seiten eine Rolle. Aber das liegt auch daran, dass man als deutsche Nationalmannschaft in 80 Prozent der Fälle die Mannschaft ist, die das Spiel dominiert und die in Ballbesitz ist. Deshalb ist es natürlich auch sinnvoll, mehr das Offensivspiel zu trainieren.

Ist das für Sie eine große Umstellung?

Es gibt tatsächlich ein paar Situationen, in denen man sich umstellen muss. Einige Bälle, die wir in Dortmund ganz bewusst spielen sollen, sind hier ausdrücklich nicht erwünscht.

Zum Beispiel?

Ich weiß nicht, ob ich jetzt unsere Geheimnisse ausplaudern darf … Aber lange, hohe Bälle soll ich hier generell nicht spielen; das ist in Dortmund anders. Aber darauf kann man sich einstellen. Und sollte ein langer Ball von mir aus Versehen doch einmal ein Tor einleiten, ist mit Sicherheit auch niemand böse.

Das Gespräch führte Stefan Hermanns.

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