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Wirtschaft: Auf der Höhe

Der Euro ist so stark wie seit langem nicht mehr. Anleger können davon profitieren.

Sieben Monate war Ruhe, nun steuert der Euro wieder auf sein Rekordniveau zu. Vor einem Jahr kostete ein Euro noch 1,17 Dollar. In dieser Woche durchbrach die Europäische Gemeinschaftswährung plötzlich die wichtige Marke von 1,30 Dollar. Am Mittwochabend notierte er bei 1,3157 Dollar. Seit der Euro vor fast genau fünf Jahren in unseren Geldbörsen landete, hat er gegenüber dem Dollar rund 50 Prozent aufgewertet. Viele Währungsexperten prognostizieren einen weiteren Verfall der US-Währung. 1,40 Dollar je Euro sieht etwa die BNP Paribas noch in der ersten Jahreshälfte 2007. Dass das Allzeithoch aus dem Jahr 2004 von 1,3666 Dollar kurzfristig wieder erreicht wird, bezweifelt fast niemand.

Getrieben wird der Euro von den positiven Konjunkturaussichten in Euroland einerseits und durch Ängste vor einer massiven Abschwächung der US–Konjunktur andererseits. Auch die gegenläufige Zinsentwicklung spielt eine Rolle.

Investoren, die vor einem Jahr Dollar-Papiere gekauft haben, wurden kräftig gebeutelt. Für einen deutschen Anleger war ein ungesichertes Investment im Dow Jones auf Jahressicht ein Verlustgeschäft. Das gleiche gilt natürlich auch für Zertifikate, Dollar-Anleihen oder in Dollar notierte Fonds. Betroffen sind indirekt auch Fonds, die zwar in Euro notieren, aber im Dollarraum investieren. Hat das Fondsmanagement Währungsverluste nicht abgesichert, sind die beim Verkauf einzelner Aktien realisierten Verluste unsichtbar im Kurs des Fonds enthalten. Indirekt merken auch die Anleger, die ihr Geld in global arbeitende Konzerne gesteckt haben, die Entwicklung. Vor allem exportorientierte Firmen reagieren derzeit sensibel, gelten doch für sie die gleichen Rechengesetze. Im Euroraum produzierte, aber im Dollarraum verkaufte Waren werden teurer und sind damit weniger konkurrenzfähig. Ist es nicht möglich, Preisaufschläge durchzusetzen, dann bringen in den USA erlöste Umsätze beim Rücktausch in Euro weniger Gewinn. Die Margen schrumpfen also. Vor allem klassische Exportwerte wie Autos sind betroffen. Die WestLB hat gerade vorgerechnet, dass eine Aufwertung des Euro um zehn Prozent die Erträge der Dax-Konzerne im Schnitt um sechs Prozent beschneidet.

Was können Anleger also tun? Ruhe bewahren, rät Daniel Kittler, Währungsfonds-Manager bei der Deka-Bank. Der Wert des Euro werde bis zum Jahresende noch auf etwa 1,37 Dollar steigen. Für 2007 rechne er aber wieder mit Euro-Kursen zwischen 1,25 und 1,30 Dollar. Denn der schwache Dollar wirke wie ein Konjunktur-Förderprogramm auf den US-Export, der damit billiger in Europa anbieten könne. Da für die USA zudem Zinssenkungen erwartet werden, werde sich die US-Wirtschaft von ihrer aktuellen Delle ab Juli 2007 wieder erholen, prognostiziert Kittler. Wer mittelfristig in Dollar-Papieren investiert habe, solle also aktuell nicht verkaufen, sondern könne auch bis dahin abwarten. Steige der Euro auf sein bisheriges Hoch bei 1,36 Dollar, dann „kann man sogar durchaus über die eine oder andere Investition im Dollarraum nachdenken“. Aufpassen müsse der Anleger vor allem bei US-Anleihen, da dort ja auch die Zinsen in Dollar gezahlt werden. „Euro-Anleihen machen für normale Privatanleger mehr Sinn”, sagt Kittler.

Auch Kai-Arno Jensen, Leiter des Devisengeschäfts für vermögende Privatkunden bei der Deutschen Bank, ist kurz- bis mittelfristig in Sachen Dollar skeptisch: „Die Zeichen stehen auf Schwäche“, ist sich Jensen sicher. Der Währungsexperte rät deutschen USA-Anlegern daher, ihr Depot gegen einen weiteren Verfall abzusichern, etwa mit Verkaufs-Optionen auf den Dollar. Devisenstratege Mario Mattera vom Bankhaus Metzler sieht die Gefahr, „dass die neuen Daten zur US-Konjunktur dem Dollar das Genick brechen“. Je mehr sich die Wirtschaft abschwäche, desto stärker werde der Dollar leiden. Mit einer Erholung sei frühestens im zweiten Halbjahr 2007 zu rechnen.

Allerdings gibt es natürlich auch Profiteure der Euro-Hausse. Dazu gehören beispielsweise Firmen, die Rohstoffe im Dollarraum kaufen oder dort produzieren, aber ihre Umsätze größtenteils im Euro-Raum erzielen. Beispiele dafür sind etwa die Lufthansa, aber auch die Telekom, die ihren Festnetz- oder Mobilfunkbedarf in Dollar einkauft. Allerdings wirke sich der tiefe Dollar erst mit einer Verzögerung von sechs bis neun Monaten in den Bilanzen aus, so Mattera. Während sich Finanzpolitiker und Anleger Sorgen machen, reagiert die deutsche Wirtschaft selbst unaufgeregt: Selbst einen Euro-Kurs von 1,35 Dollar könnten die Unternehmen problemlos wegstecken, sagt Michael Hüther. Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft. „Es gibt keinen Grund zur Panik”, meint auch Ralph Wiechers, Chef-Volkswirt des Maschinenbau-Verbandes VDMA. Der Maschinenbau haben derzeit andere Probleme als den starken Euro: Man wisse nicht, wie man der Auftragsflut aus dem Dollarraum Herr werden und die Liefertermine einhalten könne, so Wiechers. Ohnehin werden nur zehn bis zwölf Prozent der deutschen Ausfuhren in Dollar abgerechnet. mit ro

Veronika Csizi

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