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Wirtschaft: Die Mischung macht’s

Das Vertrauen in Aktien ist ruiniert. Zu Unrecht: Verglichen mit anderen Anlagen schneiden sie gut ab

Berlin - Nach drei Jahren mit Rekordverlusten an den internationalen Finanzmärkten haben viele Privatanleger das Vertrauen in Aktien verloren. Daran konnte auch das Börsenboomjahr 2003 nichts ändern. Doch die Abkehr von Aktien und Aktienfonds ist häufig unvernünftig, denn ein Blick in die Statistiken zeigt, dass sich mit Aktien immer noch gutes Geld verdienen lässt: Wer zum Beispiel im März vergangenen Jahres den Mut hatte, herzhaft in deutsche Aktien zu investieren, konnte innerhalb von zwölf Monaten sein Kapital verdoppeln.

Trotzdem verabschieden sich die Deutschen von der Aktie als Anlageinstrument. Nur noch 4,6 Millionen Anleger haben laut aktueller Umfrage des Deutschen Aktieninstituts Dividendenpapiere im Depot. Vor vier Jahren waren es noch mehr als sechs Millionen. Die Zahl der Aktienfondsbesitzer schrumpfte im gleichen Zeitraum von 6,6 auf aktuell 5,3 Millionen. Die Aktienquote rutschte damit wieder unter die Sieben-Prozent- Marke. Das war zuletzt vor dem Börsengang der Telekom der Fall.

„Dabei schneiden Aktien langfristig im Renditevergleich mit anderen Anlageformen in der Regel immer noch besser ab - trotz der dreijährigen Baisse 2000 bis 2003“, rechnet Petra Kachel vom Deutschen Aktieninstitut DAI vor. „Wer vor zehn Jahren sein Geld in Aktien gesteckt hat, konnte bis heute im Schnitt etwa sechs Prozent Rendite einfahren. Auf 20 Jahre betrachtet, waren es sogar mehr als acht Prozent.“

Vor allem Online-Banken bieten ihren Kunden neben klassischen Ansparmöglichkeiten auch Aktiensparpläne an. Der monatliche Sparbetrag bleibt dabei konstant. Steigen die Kurse, werden weniger Aktien hinzugekauft, fallen sie, kommen mehr Anteile ins Depot. Der Effekt: Marktschwankungen werden abgefedert und die Risiken minimiert. Anleger, die kontinuierlich in Aktien investieren, können von zwischenzeitlichen Verlusten an den Börsen sogar profitieren: Wer beispielsweise seit August 2002 regelmäßig in einen Aktiensparplan investiert hätte, der sich am Dax orientiert, hätte in den beiden vergangenen Jahren trotz einiger Rückschläge noch 4,37 Prozent Rendite erwirtschaftet. Anleger, die allein auf die Performance des Dax vertrauten und ihr Kapital vor zwei Jahren im August einmalig investierten, mussten sich hingegen mit einer Rendite von 2,84 Prozent bescheiden.

Doch eine Aktie allein macht noch nicht glücklich. „Kein Börsenprofi setzt alles auf eine Karte“, erklärt Wall-Street- Experte Markus Koch. „In den Depots der Finanzinstitute liegen Anteile von Henkel, Coca Cola, SAP, Ford und Benetton nebeneinander. Das sind auf den ersten Blick bunte Mischungen. Auf den zweiten Blick bringt ein möglichst ausgewogener Mix aber erhebliche Vorteile.“ Anleger sollten dem Credo folgen: Je bunter, desto erfolgreicher. Schon Mitte der 50er-Jahre hatte der US-Ökonom und Börsenprofi Harry M. Markowitz in seiner „Modernen Portfoliotheorie“ festgestellt, dass Aktienportfolios mit einer Mischung aus Unternehmen, die wenig oder überhaupt nichts miteinander zu tun haben, in ihrer Wertentwicklung wesentlich besser abschneiden als Monokulturen – und das bei geringerem Risiko.

Dabei sollten nicht nur Branchen, sondern auch Länder und Regionen gemischt werden. Profis nennen das Portfolio-Diversifikation: Kurseinbrüche einzelner Wertpapiere werden durch Gewinne anderer Papiere ausgeglichen. Das Wertpapier-Depot wächst so zwar nicht rasant, aber stetig. Doch Privatanleger stehen in der Regel vor einem Problem: sie brauchen dafür viel Kapital. Wer von jedem der 30 Unternehmen, die im Dax notiert sind, eine Aktie kaufen will, muss derzeit dafür insgesamt knapp 1300 Euro ausgeben. Dazu kommen Gebühren, die bei jeder Order anfallen. Für Investoren, die trotz begrenzter Geldbörse ihr Kapital streuen wollen, eignen sich deshalb Aktienfonds oder Indexzertifikate.

Doch die bei Fonds anfallenden Kosten wie Gebühren und Ausgabeaufschlag wollen erst einmal verdient sein. So ist es kein Wunder, dass mehr als 80 Prozent der Fonds schlechter abschneiden als die Vergleichsindizes, an denen sie sich orientieren. Das rechnete die Gesellschaft für Fondsanalyse Feri Trust nach. Eine recht einfache Möglichkeit, einen ganzen Index zu kaufen, bieten dagegen so genannte Zertifikate. „Für Anleger, die zurzeit noch verstärkt in Fonds investieren, stellen Index-Zertifikate eine attraktive Alternative dar“, sagt Andreas Willius, Vorstandsmitglied der Börse Stuttgart, die mit knapp 55 Prozent Marktanteil führend im börslichen Zertifikate-Handel ist. Mit dem Kauf eines Index-Zertifikats investiert der Anleger so, als ob er sämtliche Aktien des Index hätte. Breite Streuung ist schon ab wenigen Euro möglich.

Egal, ob Aktien direkt oder indirekt über Zertifikate und Fonds gekauft werden: sie sollten nicht alleiniger Bestandteil des privaten Depots sein. Ralf Nomrosky, zertifizierter Finanzplaner, rät: „Neben Aktien können festverzinsliche Anlagen und eventuell auch Immobilienfonds stabilisierende Elemente sein, wenn die Aktienmärkte einmal fallen.“ Es bleibt dabei: Börse ist keine Einbahnstraße.

Matthias von Arnim

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