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Wirtschaft: Dumpfe Stimmen aus dem Kissen

DAS TESTURTEIL: 1 Punkt(0 Punkte: Hände weg und alle Bekannten warnen, 5 Punkte: Noch mal drüber schlafen, 10 Punkte: Sofort kaufen) testet einen Lautsprecher Was machen Sie, wenn Sie nachts nicht einschlafen können? Baldrian nehmen, Schäfchen zählen oder miserabel synchronisierte Dauerwerbesendungen im Fernsehen gucken, in denen Menschen fast in Ekstase geraten, wenn sie eine Küchenmaschine präsentieren, die Zwiebeln klein hacken kann?

DAS TESTURTEIL: 1 Punkt

(0 Punkte: Hände weg und alle Bekannten warnen, 5 Punkte: Noch mal drüber schlafen, 10 Punkte: Sofort kaufen)

testet einen Lautsprecher Was machen Sie, wenn Sie nachts nicht einschlafen können? Baldrian nehmen, Schäfchen zählen oder miserabel synchronisierte Dauerwerbesendungen im Fernsehen gucken, in denen Menschen fast in Ekstase geraten, wenn sie eine Küchenmaschine präsentieren, die Zwiebeln klein hacken kann? Früher, als ich noch allein gelebt habe, habe ich zum Einschlafen immer Kassetten gehört, am liebsten „Die drei ???“. Aber seit der Mann da ist, geht das nicht mehr. Er könne nicht schlafen, wenn da im Hintergrund pubertierende Möchtegern-Kommissare brabbeln, sagt er. Außerdem habe er schon als Junge Justus, Bob und Jonas nicht leiden können.

Den Kopfkissenlautsprecher habe ich im Internet entdeckt (bei pro Idee für 19,90 Euro). Eine handtellergroße silberne Scheibe, mit einem langen Kabel. Das stöpselt man in den Walkman ein, und legt dann den Lautsprecher unters Kopfkissen. So soll man dann Kassette hören können, ohne dass der Mensch, der neben einem liegt, auch nur einen Ton mitbekommt. Auf dem Foto der Verpackung sieht man einen schlafenden Mann, neben ihm eine Frau, die in ihr flauschiges Kissen hineinhört und dabei zufrieden lächelt (Bestimmt hört sie „Die drei ???“).

„Was ist das denn?“, hat der Mann gefragt, als ich abends den Walkman samt Kopfkissenlautsprecher ins Bett getragen habe. Ich habe ihm erklärt, dass das ein Kissenlautsprecher sei und wie er funktioniert. „Pfff“, hat der Mann gesagt und ich habe auf Play gedrückt. Und dann ... – habe ich nichts gehört. Ich habe das Licht angemacht, den Lautstärkeregler am Walkman weiter nach oben gedreht. Nichts. Also den Lautstärkeregler bis zum Anschlag hoch. „Licht aus“, hat der Mann gebrüllt. Aber auch als der Mann leise war, ist mein Kopfkissen stumm geblieben. Vielleicht ist es zu dick, habe ich gedacht. Obwohl das Kissen von der zufriedenen Frau auf der Verpackung dicker ausgesehen hat als meins. Ich habe ein dünneres geholt, meinen Schlafplatz neu eingerichtet und tatsächlich: Durchs Kopfkissen war dumpf die Stimme von Justus zu hören.

Dabei musste ich den Kopf so fest aufs dünne Kissen pressen, dass der harte Lautsprecher an meiner rechten Wange einen Abdruck hinterlassen hat. Irgendwann hat der Mann angefangen zu schnarchen, und ich habe endgültig kein Wort mehr verstanden. Na, jedenfalls hat der Mann offenbar so friedlich geschlafen wie der auf der Verpackung des Kopfkissenlautsprechers. Nur ich habe nicht ganz so entspannt ausgesehen wie die Frau in ihrem flauschigen Kissen. Einen Punkt gibt es dennoch: für die hübsche Verpackung.

Dagmar Rosenfeld

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