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Wirtschaft: Nachwachsende Renditen

Öko-Zertifikate boomen. Wie Anleger bei den immer neuen Produkten den Überblick bewahren

Erfolg macht sexy - das gilt auch für die lange belächelten, doch zuletzt äußerst rentablen Öko-Geldanlagen. Mit dem Schlagwort Klimawandel will die Finanzindustrie Anleger für ihre Produkte begeistern und findet Resonanz – spätestens, seit der ehemalige Weltbank-Chefökonomen Nicholas Stern im Herbst 2006 vor den Milliardenkosten des Klimawandels gewarnt hat.

Außer in „grüne“ Aktien, Fonds und Anleihen investieren Anleger verstärkt in Zertifikate, die an Unternehmen aus dem Umweltbereich oder Rohstoffe gekoppelt sind. „Um die politisch gewollten Klimaziele zu erreichen, müssen Unmengen von Geld bewegt werden, und das ist letztlich nichts anderes als Umsatz der Unternehmen“, sagt Willi Weber vom Fachdienst Zertifikate-Journal.

Mittlerweile wuchert ein Urwald von grünen Zertifikaten heran. Die Papiere versprechen mehr Sicherheit als Aktien (siehe Kasten). Hunderte Papiere zählt der Branchendienst Ecoreporter.de mittlerweile. Nicht alle halten ihre Versprechen und nicht alle eignen sich für das Portfolio von Privatanlegern.

TYPEN

Vor allem Index-Zertifikate warten häufig mit einem ökologischen Profil auf. Ähnlich wie Zertifikate, die sich am Dax orientieren, steigen und fallen die Öko-Zertifikate exakt mit den Umwelt-Aktienindizes, die oft speziell für sie kreiert wurden. Ein Beispiel ist der Index des Börseninformationsdienstes Öko-Invest mit 16 Unternehmen. Auf ihm basiert das Ökoinvest-Zertifikat der Bank ABN Amro.

„Index-Zertifikate bewahren Anleger wegen ihrer relativ breiten Basis vor dem gerade in der Branche hohen Risiko von Einzeltiteln“, sagt Willi Weber. Damit erfüllen Index-Zertifikate eine ähnliche Funktion wie Aktienfonds, es fallen jedoch oft geringere Kosten an. Von den für Zertifikate typischen Sicherheitsmechanismen wie Verlustbegrenzungen rät Willi Weber eher ab. „Wer im Umweltbereich investiert, sollte das langfristig tun und sich die Renditechancen nicht schmälern lassen.“ Der Markt hält dennoch tausende Zertifikate auf einzelne Ökoaktien bereit, deren Kursrisiko Anleger mit Garantie- oder Discountpapieren abfedern können.

BRANCHEN

Unternehmen aus der Erneuerbaren- Energien-Branche spielen bei Öko-Zertifikaten eine große Rolle. „Sonnenenergie hat die Nase vorn“, sagt Dieter Lendle vom Deutschen-Derivate-Institut. Auch Recyclingfirmen oder Hersteller klimaschonender Produkte wie Teppiche aus Mais statt Plastik sind vertreten. Die Banken Societé Generale und Sal. Oppenheim haben Zertifikate zu einzelnen Themen wie „sauberes Wasser“, „neue Materialien“ oder „Biomasse“ aufgelegt.

Möglich sind auch Investments in einzelne Rohstoffe wie Ethanol. Die Schweizer Bank UBS hat im Zertifikat Diapason Global Biofuel Mais, Weizen, Zucker, Holz, Gerste, Raps und Sojaöl versammelt. Sogar am CO2-Emissionshandel können Privatanleger mit Zertifikaten teilnehmen, etwa bei der HVB mit dem ECX-Carbon-Financial-Instruments-Future. Der Branchendienst ecoreporter.de hält die Preisbildung für CO2-Zertifikate aber gegenwärtig noch für schwer durchschaubar.

GRÜNES ETIKETT

Sogar Atomenergiekonzerne wie RWE sind in manchen Öko-Zertifikaten vertreten, wie bei der WestLB. Diese Öko-Indizes nehmen Unternehmen auf, die auch in „dreckigen“ Branchen noch als am ökologischsten gelten. „Wer nur auf die Überschrift des Prospekts schaut, wird sich hinterher manchmal getäuscht fühlen“, sagt Ecoreporter.de-Experte Jörg Weber. Vielfach ist zudem nicht ganz klar, wohin das angelegte Geld tatsächlich fließt. „Es gibt keine Garantie, dass die ausgebenden Banken das Geld tatsächlich in die gelisteten Unternehmen investieren“, sagt Derivate-Experte Lendle. Denn Zertifikate sind streng genommen bloß Schuldverschreibungen der Institute. In der Regel würden sie das Geld zwar überwiegend in Aktien investieren, auf denen die Papiere basieren – nachvollziehen kann der Anleger dies anders als bei Fonds aber nicht.

ANLAGEMÖGLICHKEITEN

Den Unternehmen aus der Klimaschutzbranche werden zwar ordentliche Wachstumsraten vorhergesagt. Wegen der bereits eingepreisten hohen Erwartungen ist dennoch mit Rückschlägen zu rechnen. „Anleger sollten nicht ihr ganzes Pulver für Zertifikate aus einer Branche verschießen“, warnt Willi Weber. Er hält zehn bis 15 Prozent Umwelt-Zertifikate für eine vertretbare Größe im Portfolio. Auch Sparpläne für etwa 50 Euro im Monat sind möglich, dabei empfiehlt sich aber ein genauer Blick auf die Transaktionskosten.

KOSTEN

Beim Handel mit Zertifikaten gibt es eine Preisdifferenz zwischen Rücknahme und Verkaufskurs („Spread“) von bis zu drei Prozent. In der Regel wird auch eine Managementgebühr von etwa 0,8 bis1,5 Prozent im Jahr verlangt. Außerdem lassen nicht alle Index-Zertifikate die Anleger an den Dividenden der notierten Firmen teilhaben. Handelt es sich um einen Preis- oder Kurs-Index, bleiben Dividenden außen vor. Bei sogenannten Performance-Indizes werden sie eingerechnet. Dafür fallen dort oft höhere Managementgebühren an. Die kann sich möglicherweise sparen, wer ein Zertifikat auf einen Index mit stark wachsenden Kleinunternehmen wählt. Denn diese zahlen oft keine Dividende, da tut es auch ein Papier, das sich an einem billigeren Kurs-Index orientiert.

Nils-Viktor Sorge

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