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Wirtschaft: Recht – aber nicht billig

Die Versicherer räumen auf: Sie haben ihre Preise erhöht und unliebsame Altkunden herausgeworfen

Die Arag macht reinen Tisch. Das Familienunternehmen, einer der größten Rechtsschutzversicherer des Landes, hat in den letzten Monaten knapp 80000 Kunden herausgeworfen. Getroffen hat es Versicherte, „die auffällig hohe Kosten“ produziert haben, sagt AragSprecher Klaus Heiermann. Der Grund: Um die Prämienerhöhungen für die restlichen Versicherten nicht zu hoch ausfallen zu lassen, habe man sich von unrentablen Kunden getrennt, so Heiermann. Dennoch hat der Versicherer im Oktober seine Prämien um sieben Prozent erhöht. Und die nächste Preiswelle ist bereits absehbar: Weil seit vergangenem Juli ein neues Kostenrecht für Anwälte gilt, werden die Prämien erneut steigen. Noch ist unklar, in welchem Umfang. Um 14 Prozent, schätzt das Bundesjustizministerium. Musterrechnungen der Versicherer ergeben dagegen eine Steigerung um gut 20 Prozent. Letztlich entscheidet der Treuhänder, der sich im Sommer die Zahlen des Vorjahres ansieht und prüft, in- wieweit diese Mehrausgaben Prämienerhöhungen rechtfertigen.

Dabei sind die letzten Preiserhöhungen noch gar nicht recht verdaut. Fast alle Rechtsschutzversicherer hatten zum 1. Januar dieses Jahres ihre Beiträge erhöht – einige, wie die Badische und die Continentale, recht moderat, andere haben kräftig zugeschlagen. Wer bei der R+V das Paket aus Privat-, Berufs- und Verkehrsrechtsschutz abgeschlossen hat, zahlt jetzt gut 27 Prozent mehr, bei der Örag sogar gut 40 Prozent mehr.

Das liegt vor allem am Arbeitsmarkt. „Der Arbeitsrechtsschutz kostet richtig Geld“, berichtet Heiermann: „Die Menschen kämpfen heute viel intensiver um ihren Job als früher.“ Gekämpft wird bis zur letzten Instanz – mit Hilfe der Versicherung. Schon bei den ersten Warnsignalen im Betrieb wird die Police abgeschlossen. Denn bis die neue Versicherung einspringt, muss man eine Wartezeit von drei Monaten erfüllen.

Wer nur Rückendeckung bei arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen sucht, kann aber auch einer Gewerkschaft beitreten. Jedes Gewerkschaftsmitglied hat Anspruch auf Rechtsschutz. Der beinhaltet nicht nur die Rechtsberatung, sondern auch die juristische Vertretung vor Gericht, betont Martina Perreng vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Haben Sie Ärger mit Ihrem Vermieter, können Sie sich die Versicherungspolice ebenfalls sparen und statt dessen in einen Mieterverein gehen.

Hinzu kommt: Der Rechtsschutz hat Lücken. Baustreitigkeiten sind von der Police nicht gedeckt, egal ob es sich um Probleme beim Kauf des Grundstücks, Streit mit der Baufirma oder Auseinandersetzungen wegen der Baufinanzierung geht. Auch Familien- und Erbrecht sind in aller Regel vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Viele Versicherer weigern sich zudem, Klagen von Kleinanlegern zu finanzieren.

Nicht zuletzt wegen der zahlreichen Ausschlüsse stehen Verbraucherschützer Rechtsschutzversicherungen skeptisch gegenüber: „Haftpflicht-, Berufsunfähigkeits- und Hausratversicherungen sind wichtiger“, sagt Thorsten Rudnik vom Bund der Versicherten. „Erst wenn Sie diese Policen haben, sollten Sie über eine Rechtsschutzversicherung nachdenken“, empfiehlt Rudnik.

Wer eine solche Versicherung aber bereits abgeschlossen hat, sollte eines unbedingt vermeiden: den Rausschmiss. Nach den meisten Versicherungsbedingungen reicht es, wenn man die Versicherung zwei Mal in Anspruch genommen hat, um dafür die auß erordentliche Kündigung zu kassieren – selbst, wenn man den Prozess gewonnen hat. Außerdem können sowohl der Versicherer als auch der Kunde die Versicherung immer mit einer Frist von drei Monaten zum Vertragsende kündigen – unabhängig von möglichen Schadenfällen.

Wer von seiner Versicherung die Kündigung bekommen hat, tut sich schwer, einen neuen Versicherer zu finden. Denn im Aufnahmeformular wird regelmäßig danach gefragt, ob man seine alte Police selbst gekündigt hat oder nicht. Tipp: „Bekommen Sie von Ihrem Vertreter den Hinweis, dass Ihr Vertrag gefährdet ist, kündigen Sie schnell selbst“, sagt Verbraucherschützer Rudnik.

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