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Rechtsfrage: Können Anwälte Vertreter schicken?

Darf ein Anwalt zum Gerichtstermin einen Vertreter schicken, den man vorher nie gesehen hat? Eine Rechtsfrage an Margarete von Galen, Präsidentin der Rechtsanwaltskammer.

Ist ein Rechtsanwalt, den ich beauftrage und den ich als Vertrauensperson ansehe, berechtigt, zum Gerichtstermin einen Vertreter zu schicken, den ich vorher nie gesehen habe? Was ist, wenn ich deswegen den Prozess verliere?

Wenn Sie mit einem Rechtsanwalt sprechen, der in einer Kanzlei mit mehreren Anwälten und Anwältinnen ist, und anschließend einen Auftrag erteilen, wird es häufig so sein, dass Sie – rechtlich betrachtet – alle Anwälte der Kanzlei beauftragen. In einem solchen Fall ist nichts dagegen einzuwenden, dass der Rechtsanwalt, mit dem Sie gesprochen haben, einen anderen Anwalt der Kanzlei zum Termin schickt. Wenn Sie Wert darauf legen, dass „Ihr“ Anwalt den Termin wahrnimmt, sollten Sie dies ansprechen und möglicherweise auch die Beauftragung davon abhängig machen, dass der Anwalt Ihrer Wahl auch zum Gerichtstermin erscheint

Wer einen Einzelanwalt beauftragt, wird häufig ein Vollmachtsformular unterschreiben, in dem der Anwalt berechtigt wird, Untervollmacht zu erteilen. Auch in diesen Fällen darf der Anwalt einen Vertreter schicken. Sie sollten also ebenfalls ansprechen, ob der Anwalt den Gerichtstermin persönlich wahrnimmt.

Viele Anwälte werden von sich aus bemüht sein, für einen Mandanten, mit dem sie persönlich gesprochen haben und dessen Fall sie betreuen, auch den Termin wahrzunehmen. Trotzdem lässt es sich nicht immer vermeiden, dass Terminkollisionen oder eine Erkrankung dies verhindern. Die Termine werden von den Gerichten anberaumt, und es gelingt nicht immer, die Verlegung zu erreichen; zumal an einem solchen Termin mehrere Personen beteiligt sind.

Zur gewissenhaften Arbeit einer Anwaltskanzlei gehört, dass der Vertreter mit dem Fall vertraut ist und weiß, was im Termin zu tun ist. In der Regel werden Sie auch Gelegenheit haben, mit dem erschienenen Anwalt vor dem Gerichtssaal zu sprechen. Die Gefahr, dass Sie einen Prozess allein deshalb verlieren, weil ein Vertreter zum Termin kommt, ist eher gering einzuschätzen. In Zivilsachen ist vor allem von Bedeutung, was in den Schriftsätzen vorgetragen wird. Dennoch ist es natürlich nicht auszuschließen, dass zum Beispiel bei einer Befragung von Zeugen in einer Beweisaufnahme, der Vertreter entscheidende Fragen nicht stellt, weil er nicht ausreichend informiert ist und eine Prozessniederlage darauf zurückzuführen ist. Sollten Sie den Eindruck haben, durch das Auftreten des Vertreters den Prozess verloren zu haben, sollten Sie dies mit dem Anwalt/der Anwältin Ihres Vertrauens offen ansprechen. Wenn das Ergebnis eines solchen Gespräches unbefriedigend ist, müssen Sie möglicherweise den Rat eines weiteren Anwalts einholen oder – in Zukunft – die zur Zeit noch in Planung befindliche Ombudsstelle bei der Bundesrechtsanwaltskammer einschalten.

Frau von Galen arbeitet als Rechtsanwältin in Berlin

an Margarete von Galen

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