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Wirtschaft: Rendite gegen Gebühr

Finanzplanung auf eigene Faust zahlt sich häufig nicht aus – doch unabhängige Beratung hat ihren Preis

60 Milliarden Euro mehr könnten die Deutschen besitzen, würden sie ihr Geldvermögen von rund vier Billionen Euro so rentabel anlegen wie die Amerikaner. Denn während private Geldvermögen in den USA in den letzten 14 Jahren jährlich real 3,6 Prozent abwarfen, waren es hierzulande nur 2,1 Prozent. Die Ursachen dafür sind nicht erforscht. Sicher ist nur, dass die Mehrheit der Deutschen sich bei der Geldanlage auf ihr glückliches Händchen oder allein auf den Berater der Hausbank verlässt, während die Amerikaner auch bei kleineren Summen häufig eine in Europa fast unbekannte Berufsgruppe beauftragen: so genannte Honorarberater.

Gegen pauschale oder stundenweise Bezahlung durchforsten Honorarberater die Investments des Anlegers, korrigieren Fehlanlagen, weisen auf Renditekiller hin, schlagen Alternativen vor. Oder sie erstellen langfristige Finanzpläne, mit denen der Anleger zukünftige Vermögen oder eine vernünftige Altersvorsorge schaffen kann – und setzen diese Pläne auch praktisch für den Kunden um. Während die meisten Vermögensverwalter eher die betuchte Kundschaft über 500 000 Euro Barvermögen im Visier haben, setzen viele Honorarberater die Einstiegshürden deutlich tiefer an. 20 000 bis 30 000 Euro etwa sind für den Berliner Finanzplaner Marko Lützel Summen, ab denen ausführlichere Beratung Sinn macht.

Wichtigstes Argument, einen Honorarberater zu beauftragen, dürfte dessen Unabhängigkeit von Banken und Finanzkonzernen sein. Anders als Bankberater oder Finanzmakler, die meist Provisionen für den Verkauf von Fonds, Immobilien oder Versicherungen einstreichen, erhalte er seine Vergütung vom Kunden und nicht vom Produktanbieter, so Lützel. Die Provisionen würden direkt an den Kunden weitergereicht. So fielen etwa bei Fonds keine Ausgabeaufschläge an. Dies vermeide Interessenkonflikte und garantiere eine unabhängige Beratung. Denn vielfach rieten Bankberater oder Finanzmakler zu Produkten, die die höchste Provision einbringen. Lützel: „Niemand würde akzeptieren, wenn der Steuerberater vom Finanzamt bezahlt wird.“

Die Kosten einer Honorarberatung hängen von der Anlagesumme und vom Arbeitsaufwand ab. Seriöse Berater legen die Kosten konkret bei Vertragsabschluss fest. Die Stundensätze liegen zwischen 70 und 200 Euro. Bei größeren Aufträgen wird meist eine Pauschale vereinbart, die zwischen 0,75 und zwei Prozent der betreuten Summe liegt. Axel Brummer von der A.S.I. Wirtschaftsberatung in Berlin, der „größere Finanzplanungen erst ab 100 000 Euro“ für sinnvoll hält, veranschlagt in dieser Größenordnung rund 2000 Euro Beratungshonorar. Für eine Familien-Finanzplanung sei mit etwa 300 bis 800 Euro zu rechnen, so Brummer.

Dass sich die Finanzberatung gegen Bezahlung hierzulande nicht durchgesetzt hat, liegt wohl auch an der großen Zahl schwarzer Schafe. Denn der Beruf des Finanzberaters ist nicht geschützt. Eine Gewerbeanmeldung genügt und jeder „Experte“ kann seine Dienste anbieten. Peter Grieble, Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, kennt die Maschen der Branche. Unseriös sei zum Beispiel, wenn der Berater an der Haustür oder am Telefon direkt zum Vertragsabschluss schreiten wolle, wenn er die Risikopräferenz des Kunden nicht akzeptiere und ihm partout riskante Aktienfonds aufdrängen wolle oder wenn er sich nicht ausreichend Zeit für den Mandanten nähme. Ein Gütesiegel hingegen sei, wenn der Honorarberater Mitglied im „Financial planning standards board“ (FPSB) sei, somit eine Ausbildung zum „Certified Financial Planner“ inklusive Studium, praktischer Erfahrung und Prüfung hinter sich habe. 1000 zertifizierte Finanzplaner zählt der FPSB mittlerweile. „Bei uns gibt es garantiert keine schwarzen Schafe“, ist sich Verbandssprecher Matthias von Debschitz sicher. Fühle sich ein Kunde explizit von einem zertifizierten Finanzplaner falsch beraten, könne er sogar das Schiedsgericht des Verbandes anrufen. Doch Vorsicht: Nur rund die Hälfte der FPSB-Mitglieder ist bankenunabhängig.

Auch die Vermögensverwalter schielen nicht mehr nur auf die Reichen. „Im Schnitt ist bei unseren Mitgliedern bereits eine Betreuung ab 25 000 Euro möglich“, sagt Andreas Grünwald, Vorstand im Verband unabhängiger Vermögensverwalter (VuV). Allerdings dürfe man dann nur standardisierte Beratungen je nach persönlicher Risikobereitschaft erwarten. Ein individuelles Vermögensmanagement sei erst ab 200 000 Euro sinnvoll. Meist zweigen die Manager dann etwa ein Prozent der angelegten Summe als Honorar ab. Hinzu komme häufig eine Erfolgsprämie. Auch wer einem Vermögensverwalter sein Geld anvertraut, sollte gewisse Sicherheitsregeln beachten, heißt es bei der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Wichtig sei etwa, dass der Berater bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungs-Aufsicht (BaFin) als Profi zugelassen sei. Denn dies garantiere, dass er über eine Berufshaftpflicht verfüge oder mit Eigenkapital gegen Fehlberatungen abgesichert sei.

Nach Ansicht von Verbraucherschützer Grieble sind für sehr kleine Beträge jedoch immer noch die Banken die erste Adresse, selbst wenn es dort „auch grottenschlechte Berater“ gebe. Aber: „Der Kunde muss sich im Klaren sein, dass der Berater nicht unabhängig ist und meist hauseigene Produkte empfehlen wird.“ Der Finanzexperte empfiehlt, dem Berater konkrete Fragen zu stellen (siehe Kasten) und mehrere Banken zu vergleichen.

Auch die Verbraucherzentralen bieten Hilfe an. In Berlin etwa kosten Beratung und Analyse der Vermögenssituation rund 80 Euro pro Stunde. Anders als bei den Honorarberatern und Vermögensmanagern muss der Anleger die Tipps allerdings selbst in der Praxis umsetzen.

Mehr im Internet unter: www.fpsb.de, www.vuv.de

www.verbraucherzentralen.de

Veronika Csizi

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