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Telefonaktion: „Was passiert, wenn wir uns scheiden lassen?“

Die Fragen der Leser: Kann ich wegen der Kinder zu Hause bleiben, lässt sich der Unterhalt abändern, was bringt das neue Recht?

Eigentlich sollte am kommenden Sonntag ein neues Unterhaltsrecht in Kraft treten. Doch jetzt wird der Gesetzentwurf noch einmal überarbeitet. Viele Menschen sind verunsichert. Kein Wunder, dass zahlreiche Leser die Chance genutzt haben, bei unserer Telefonaktion zum Unterhaltsrecht die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte des Berliner Anwaltsvereins um Rat zu bitten.

Mein Mann hat zwei Kinder aus erster Ehe und seine Ex-Frau finanziell zu unterhalten. Jetzt bekommen wir auch ein Kind. Das Geld reicht nicht für alle. Was heißt das?

Da das Unterhaltsrecht nicht mehr Einkommen verteilen kann, als vorhanden ist, erlangen im Ergebnis alle gleichrangigen Unterhaltsberechtigten weniger Unterhalt, als sie eigentlich bräuchten, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Zu Ihrem Unglück kommt hinzu, dass Sie nach geltendem Recht im Rang nicht nur hinter den Kindern, sondern auch hinter der ersten Ehefrau zurückstehen, weil die erste Ehefrau noch die Kinder aus erster Ehe betreut. Dies hat zur Folge, dass zuerst die Unterhaltsansprüche der Kinder und der ersten Ehefrau (die den Rang der Kinder teilt) befriedigt werden und Sie im Mangelfall ganz leer ausgehen und andernfalls auf den Rest verwiesen werden. Die Unterhaltsrechtsreform, die jetzt zunächst gestoppt ist, sieht vor, dass die Rangverhältnisse geändert werden. Danach sollen die Kinder allen anderen Unterhaltsberechtigten vorgehen, was in Ihrem Fall die günstige Folge hätte, dass der Unterhaltsanspruch Ihres Kindes nicht mehr durch die Quote der ersten Ehefrau Ihres Mannes gekürzt wird.

Mein Mann zahlt an seine zwei Kinder aus erster Ehe Unterhalt. Der Ältere ist 16 und beginnt jetzt mit einer Ausbildung. Dafür bekommt er 730 Euro. Muss mein Mann jetzt weniger Unterhalt zahlen?

Das, was der Sohn in der Ausbildung bekommt, wird auf seinen Unterhaltsanspruch angerechnet. Wahrscheinlich dürfte sein Nettolohn sogar reichen, um seinen Bedarf ganz zu decken. Das heißt: Ihr Mann müsste dann für ihn nichts mehr zahlen.

Kann mein Mann die Zahlungen einfach einstellen?

Er sollte Abänderungsklage erheben oder die Mutter veranlassen, schriftlich auf die Geltendmachung der titulierten Forderung zu verzichten.

Ich arbeite, führe den Haushalt und erziehe auch die Kinder zur Hälfte. Mein Mann ist Lebenskünstler und will nicht so viel arbeiten. Was passiert, wenn wir uns scheiden lassen?

Sie müssen sich darauf einstellen, dass der Versorgungsausgleich, also die Aufteilung der Rentenansprüche, erfolgt. Eine Beschränkung des Versorgungsausgleichs erfolgt nur bei außerordentlich groben Pflichtverletzungen. Wegen der Unterhaltsverpflichtungen gegenüber den Kindern wird Ihr Mann seine Erwerbsfähigkeit voll ausschöpfen müssen. Damit hätte er dann voraussichtlich ein so hohes Einkommen, dass Sie ihm wohl keinen Unterhalt zahlen müssten.

Mein Sohn ist 27 und verdient 1100 Euro netto im Monat. Seine Freundin bekommt ein Kind und lebt von Hartz IV. Zusammenziehen wollen sie nicht. Muss mein Sohn Unterhalt zahlen?

Bei einem Nettoeinkommen von 1100 Euro beträgt der Unterhaltsbedarf des Kindes 233 Euro. Da Ihrem Sohn jedoch die sogenannten berufsbedingten Aufwendungen von hier 50 Euro nicht zugerechnet werden und ihm außerdem der notwendige Selbstbehalt von 890 Euro verbleiben muss, besteht die Zahlungspflicht nur in Höhe von 1100 Euro minus 50 Euro minus 890 Euro, also 160 Euro.

Mein Mann war Assistenzarzt. Vor 20 Jahren haben wir uns scheiden lassen. Ich habe unsere drei Kinder großgezogen, dafür hat er monatlich 800 Euro Unterhalt gezahlt. Inzwischen ist er ein bekannter Herzchirurg und verdient Unsummen. Kann ich davon nicht auch profitieren?

Geschiedene profitieren nicht von allen Karrieresprüngen. Maßstab für die Unterhaltshöhe sind die ehelichen Lebensverhältnisse und die Karriereschritte, die während der Ehe angelegt waren. Wer etwa mit einem Beamten verheiratet war, dessen Laufbahnaufstieg weitgehend vorhersehbar ist, kann von den höheren Besoldungen partizipieren. Aber nicht jeder Assistenzarzt wird zu einer gut verdienenden Koryphäe.

Nach meiner Scheidung habe ich etwa vier Jahre mit einem neuen Partner zusammengelebt. Nun haben sich meine finanziellen Verhältnisse verschlechtert. Kann ich meinen Ex-Mann wieder zu Unterhaltszahlungen heranziehen?

Nein. Sie haben in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft gelebt. Wer sich neu verheiratet oder derart bindet, der hat keinen Anspruch mehr.

Mein Freund ist Vater von zwei Kindern. Sie sind vier und acht. Seine Ex-Frau ist Apothekerin. Ab wann kann man ihr zumuten, wieder arbeiten zu gehen?

Bisher gilt: Eine Erwerbstätigkeit der geschiedenen Mutter wird bis zum achten Lebensjahr des Kindes beziehungsweise bis zum Ende des Grundschulalters nicht erwartet. Nach der geplanten Unterhaltsreform wird in Zukunft stärker auf die Möglichkeit einer Fremdbetreuung der Kinder abzustellen sein. In Berlin stehen insofern in der Regel gute Möglichkeiten bereit. Es kann dann auch schon früher eine Erwerbstätigkeit in Betracht gezogen werden.

Fragen und Antworten wurden zusammengestellt von Heike Jahberg und Thomas Reckermann.

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