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Wirtschaft: Wegen Inventur geschlossen

Knapp 700 Fonds wurden 2005 liquidiert oder zusammengelegt. Worauf Anleger achten müssen

Die Fondsbranche räumt auf: 191 Investmentfonds haben allein die Mitglieder des Bundesverbandes Investment und Asset Management (BVI) im vergangenen Jahr aufgelöst. Insgesamt wurden im deutschsprachigen Raum sogar knapp 700 Fonds geschlossen.

Hauptbetroffene waren dabei vor allem jene Anleger, die Produkte der Hypo-Vereinsbank-Fondstöchter Activest und Nordinvest gekauft hatten. Denn nach der Übernahme der HVB durch die italienische Großbank Unicredito, die unter dem Namen Pioneer ebenfalls eigene Fonds anbietet, sind viele Fonds überflüssig geworden. Mehr noch: Die Marken Activest und Nordinvest werden komplett verschwinden. Insgesamt, so kündigt Activest-Sprecher Marc Bubeck an, soll es in zwölf bis 18 Monaten 50 Prozent der rund 230 Fonds aus den drei Fondshäusern nicht mehr geben. Dabei werde ein Teil der Fonds komplett liquidiert, ein Teil fusioniert. „Welche Fonds betroffen sein werden, wird sich in den kommenden Monaten zeigen“, so Bubeck.

Was aus der Sicht mancher Anleger vielleicht nach möglichen Kapitalverlusten klingen mag, ist so dramatisch nicht: Denn die Gesellschaft muss den Anlegern die Fondsauflösung laut Gesetz 13 Monate vorher schriftlich mitteilen. Zudem wird dem Anleger gleichzeitig der kostenfreie Tausch in einen anderen hauseigenen Fonds angeboten, so dass weder Umtauschgebühren noch neue Ausgabeaufschläge anfallen.

Hier kann es trotzdem nicht schaden, konkret nach etwaigen Kosten und Gebühren zu fragen. So tauscht die Activest zwar im Falle von Auflösungen in jeden hauseigenen Fonds gratis, nicht aber in ein Pioneer-Produkt, obwohl die Marke bereits zum gleichen Konzern gehört.

Halten muss sich der Anleger an den Vorschlag der Fondsgesellschaft nicht, er kann stattdessen auch in ein völlig anderes Produkt der Fondspalette tauschen. Doch Vorsicht: Allzu lange Zeit lassen sollte man sich nicht. Denn wird ein Fonds liquidiert, muss ja auch das Portfolio langsam aufgelöst werden – und dies möglicherweise nicht immer zum besten Kurs, so dass der Wert des Fonds sinken könnte. Reagiert der Anleger auf eine angekündigte Fondsschließung gar nicht, wird das Geld meist automatisch in einem sicheren Geldmarkt-Fonds geparkt.

Herbe Kapitalverluste könnten dagegen auf Anleger zukommen, die ihr Geld in einen der offenen Immobilienfonds gesteckt haben, die jüngst vorübergehend geschlossen (aber nicht liquidiert) wurden. Die Anleger können sich seither also – erstmals in der Geschichte offener Immobilienfonds – nicht mehr von ihren Anteilen trennen und müssen nun mit einer niedrigeren Bewertung rechnen.

Können solche unangekündigten Schließungen wegen akuter Liquiditätsprobleme in der Immobiliensparte für den Anleger zu finanziellen Einbußen führen, so sind normale Fondsschließungen auch aus Sicht des Investors sinnvoll. Der Hintergrund: Nicht nur Bankenfusionen, sondern auch fehlendes Volumen sind häufig der Grund für das Fondssterben. Zehn bis 15 Millionen Euro sieht das private Institut für Fondsanalyse (ifa) als kritische Größe, mit der ein Fonds noch rentabel wirtschaften kann. Die meisten Experten setzen sogar eher 20 Millionen Euro an. Minifonds haben ähnlich hohe Verwaltungskosten wie größere Fonds, die sie auf den einzelnen Fondsanteil umlegen. So steigt die Kostenquote erheblich – und der Anlageerfolg sinkt automatisch. Beim deutschen Fonds-Marktführer, der Deutsche-Bank-Tochter DWS, gilt sogar die Marke von 50 Millionen Euro als Grenze, bei der die Wirtschaftlichkeit eines Fonds auf den Prüfstand kommt. Fonds, deren Volumen unter 20 Millionen Euro liegt, sind beispielsweise: Activest Global Dynamik, UniSelection Europa I, Postbank Dynamik Vision, UniSector Internet, DWS Emerging Markets Bonds Typ 0, DWS Hedge Invest Dynamic , BB Amerika Invest und viele andere. (mehr dazu im Internet unter www.bvi.de)

Der Anleger muss sich bei der Schließung eines Fonds entscheiden: Entweder er macht Kasse – oder er tauscht in einen anderen Fonds. Oft lässt sich eine Fondsschließung gleichzeitig zur Bereinigung des Depots nutzen, denn liquidierte Produkte treffen vielfach nicht grundlos auf geringes Interesse. In vielen Fällen wurden und werden schlicht erfolglose Fonds, Nischenprodukte oder ehemalige Modefonds geschlossen, etwa Produkte aus der Zeit der Internet-Euphorie. Hier auf eine Kurserholung zu warten, macht weniger Sinn, als zu verkaufen und auf ein anderes Produkt zu setzen. So wurden etwa der Deka Internet und der Deka Logistik im Dezember 2005 aufgelöst, beide deutlich unter ihrem Erstausgabekurs.

Achten sollten Anleger auf die Spekulationsfristen: Macht ein Investor Kasse, greift der Fiskus zu, wenn der Kauf weniger als ein Jahr zurückliegt und – im Falle von Gewinnen – Steuer fällig wird.

Reibungslos, so qualifizieren die meisten Fondsanbieter die Abwicklung: Die meisten Kunden seien dem Haus treu geblieben, sagt Klaus Becker, Sprecher der Commerzbank-Fondsmarke Adig, die 2005 jeden fünften Fonds geschlossen oder mit anderen fusioniert hat. Hatte es zunächst noch geheißen, auch 2006 sollten bei der Adig weiter massiv Fonds geschlossen werden, so wird aktuell „neu nachgedacht“. Allerdings: Ein Blick auf die Statistiken zeigt, dass zahlreiche Adig-Fonds die kritische Größe unterschreiten. Aus Anlegersicht könnte es also Sinn machen, sich die neuesten Daten zum Fondsvolumen anzusehen.

Veronika Csizi

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