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Wirtschaft: Wenn der Flieger nicht fliegt

Bei Pannen müssen die Airlines zahlen

Eigentlich wollten Michael Tenbrock und seine Tochter mit der Lufthansa von Düsseldorf über Wien nach Peking fliegen. Weil aber die erste Maschine Verspätung hatte und der Anschlussflug weg war, wurden sie nach London gebracht, mussten dort übernachten und flogen erst am nächsten Tag über Frankfurt und Jekatarinenburg (Russland) nach China weiter. Insgesamt 30 Stunden später als geplant sind sie dort gelandet. Die Odyssee hat die Familie viele Nerven gekostet und die Lufthansa womöglich viel Geld. Tenbrock fordert mindestens 1200 Euro Schadenersatz.

Das ist sein Recht. Denn nach der EU-Verordnung vom Februar 2005 ist bei Annullierung und Umbuchung, Nichtbeförderung und großer Verspätung von Flügen eine Entschädigung von 250 bis 600 Euro je nach Flugdauer und Verspätung zu zahlen, sagt Sabine Fischer von der Verbraucherzentrale Brandenburg. Bereits ab einer Verspätung von fünf Stunden haben Passagiere Anspruch auf Erstattung des Ticketpreises. Die Regeln gelten auch für Billigflüge, so Fischer.

Allerdings gibt es Ausnahmen. Zum Beispiel muss die Gesellschaft nicht zahlen, wenn die Verzögerung auf „höhere Gewalt“ zurückgeht, also Wetter, Terrorgefahr, Pilotenstreiks oder dergleichen. Allerdings muss die Airline das beweisen können. Außerdem erlischt der Entschädigungsanspruch, wenn Passagiere mindestens zwei Wochen vor Reisebeginn über die Annullierung informiert wurden. Im Fall von Michael Tenbrock trifft das jedoch nicht zu.

Falls die Fluggesellschaft dennoch nicht auf seine Forderungen eingeht, bleibt Tenbrock nur noch der Gang vors Gericht. Denn anders als viele ihrer Konkurrenten arbeitet die Lufthansa nicht mit der Schlichtungsstelle Mobilität zusammen. Diese wird vom Verbraucherministerium finanziert und bemüht sich – kostenlos – um eine außergerichtliche Einigung bei Reiseproblemen. Auch Air Berlin, Easyjet oder die Lufthansa-Tochter Germanwings kooperieren nicht mit der Schlichtungsstelle. Bei Problemen mit anderen Fluggesellschaften kann sie dagegen Anlaufstelle sein. Seit ihrer Gründung im Dezember 2004 sind bereits 2180 Beschwerden zum Flugverkehr eingegangen, deutlich mehr als die 1300 Reklamationen zur Bahn. In 40 bis 50 Prozent der Fälle konnte die Stelle schlichten, bei der Bahn liegt die Erfolgsquote sogar bei 85 Prozent.

Während das Schlichtungsverfahren nach zehn bis zwölf Wochen erledigt ist, kann sich ein Gerichtsprozess über ein Jahr hinziehen. Deshalb schrecken viele Kunden vor einer Klage zurück. Statt die Schlichterstelle anzurufen will Tenbrock nun das Luftfahrtbundesamt (LBA) informieren. Die Behörde kann zwar keine privatrechtlichen Ansprüche durchsetzen, die Airlines aber abmahnen und Bußgelder verhängen.

www.schlichtungsstelle.de, www.lba.de

Steven Hanke

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