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Früher konnte er die Spanier für sich einnehmen, heute fühlen sie sich abgestoßen. Juan Carlos bei seiner Weihnachtsansprache.

© REUTERS

75. Geburtstag: Juan Carlos - der ungelenke König

Spaniens König Juan Carlos hat seine Frau und das Volk gegen sich und wird immer kränker – an diesem Sonnabend wird er 75 Jahre alt.

Auch Könige können die Krise bekommen. Spaniens alternder Monarch Juan Carlos ist so ein Beispiel. Obwohl er gesundheitlich angeschlagen ist und sein Denkmal als „Bürgerkönig“ nach mehreren Skandalen wackelt, will er sich auch nach 37 Jahren auf dem Thron nicht zurückziehen. „Der König wird niemals abdanken“, prophezeite Königin Sofia. Sie ist nach berichteten Seitensprüngen ihres Gemahls ebenfalls auf Juan Carlos sauer – die königliche Ehe gilt als zerrüttet. Dass Königin Sofia ihren Mann nach seinem Safariunfall erst nach mehreren Tagen – und auch nur für wenige Minuten – im Krankenhaus besuchte, wurde als Indiz gewertet, dass die Monarchin die immer wieder vermuteten Seitensprünge des Gatten satt habe. Viele Spanier waren empört über ihren König. Juan Carlos erlebe „schreckliche Jahre“, bedauert Spaniens Presse. Am heutigen Samstag wird Juan Carlos 75 Jahre alt. Kronprinz Felipe, 44 Jahre alt, wird sich vermutlich noch etwas gedulden müssen, bevor er die Krone seines Vaters erben wird. Dabei gilt Juan Carlos schon länger als pensionsreif. Der früher so stolze und beliebte Monarch, der einmal als volksnah und vorbildlich galt, ist heute nur noch ein Schatten seiner selbst. Wackelig auf den Beinen, nuschelt er seine Reden nur noch, der rauen Wirklichkeit im Krisenland Spanien wirkt er zunehmend entrückt.

Weil sich immer mehr Untertanen abwenden, veröffentlicht das staatliche Meinungsforschungsinstitut CIS schon länger keine Umfragen mehr zum Ansehen Ihrer Majestät. In der letzten Erhebung aus dem Jahr 2011 bekundeten nur noch elf Prozent der Spanier „sehr viel“ Vertrauen in den König und seine Familie.

„Hier musst du dir den Thron immer aufs Neue verdienen, Tag für Tag, Monat für Monat und Jahr für Jahr“, hatte Juan Carlos einmal gesagt. „Wenn du das Volk gegen dich hast, kannst du einpacken.“

Diese Worte begleiten ihn vor allem heute. Auch mehrere Stolperunfälle belegten in der letzten Zeit, dass es um Ihre Hoheit nicht gut steht. Seit der Entfernung eines Lungentumors im Jahr 2010 kam der König nicht mehr richtig auf die Beine. Im Sommer 2011 bekam er rechts ein künstliches Kniegelenk. Wenig später erschien er mit blauem Auge, nachdem er im Palast mit einer Tür kollidierte. Im Frühjahr 2012 brach er sich im afrikanischen Botswana bei der Elefantenjagd die rechte Hüfte. Im vergangenen November wurde ihm auch links eine künstliche Hüfte eingesetzt. „Ich muss wieder in die Werkstatt“, pflegt er seine vielen Operationen zu kommentieren.

Die andere Frau

Der königliche Safariunfall in Botswana hatte weitreichendere Folgen. Juan Carlos musste sich für seine Elefantenjagd entschuldigen. „Es tut mir sehr leid. Ich habe mich geirrt. Das wird nicht mehr vorkommen.“ Mit der Abbitte versuchte der König, die Wogen der Empörung zu glätten, welche seine Luxusreise ausgelöst hatte. Denn derzeit verlieren immer mehr Spanier in der tiefen Wirtschaftskrise ihre Jobs, rutschen in die Armut und das hoch verschuldete Land kämpft gegen die Staatspleite. Das Verhalten des Monarchen sei „nicht beispielhaft“ gewesen, urteilten Parteien und Medien einhellig. Zudem musste Juan Carlos als Ehrenpräsident des Umweltverbandes WWF abtreten. Die schon länger schwelenden Korruptionsvorwürfe gegen den königlichen Schwiegersohn Inaki Urdangarin bringen gleichfalls die Fundamente der Monarchie ins Wanken. Urdangarin, Ehemann der zweitältesten Königstochter Cristina, wird beschuldigt, jahrelang auf Mallorca und in Valencia öffentliche Gelder in Millionenhöhe ergaunert und Steuern hinterzogen zu haben. Er muss sich vermutlich demnächst vor Gericht verantworten. Auch Prinzessin Cristina soll in die krummen Geschäfte verwickelt sein, ist aber bisher nicht von den Ermittlern beschuldigt worden. Spaniens größte Zeitung „El Pais“ bescheinigte dem König, nicht mehr auf der Höhe der Zeit zu sein: „Die Anhäufung von Irrtümern der Monarchie in den letzten Jahren ist typisch für eine Institution, welche ihren gesellschaftlichen Auftrag nicht mehr versteht.“

Auch wenn das schöne Bild der heilen Monarchie in Spanien dicke Risse bekommen und das Königshaus zunehmend dekorativen Charakter ohne größere politische Bedeutung hat – unumstritten ist Juan Carlos’ Verdienst in der Vergangenheit. Den meisten Menschen ist der König als jener Mann in Erinnerung, der Spanien von der Diktatur, die 1975 nach dem Tod von General Franco zu Ende ging, zur Demokratie steuerte. Franco hatte Juan Carlos schon 1969 zum Nachfolger als Staatschef bestimmt.

„Juan Carlos, der Kurze“, rief ihn das Volk, als er im November 1975, nach dem Tod des Diktators Francisco Franco, gekrönt wurde. Spanien hatte nach über 40 Jahren wieder einen Monarchen, dem damals freilich wenig zugetraut wurde. Er galt als Ziehsohn jenes Rechtsdiktators, der Spanien nach dem Sieg im Bürgerkrieg (1936–1939) jahrzehntelang beherrschte und schon 1969 den Prinzen Juan Carlos zu seinem Nachfolger bestimmte. Doch der junge König entpuppte sich nicht wie befürchtet als Marionette Francos, sondern als überzeugter Demokrat, der den unblutigen Übergang von der Diktatur zum freiheitlichen Spanien steuerte.

Juan Carlos de Borbón wurde am 5. Januar 1938 in Rom geboren, wo seine Eltern zusammen mit seinem Großvater Alfonso XIII. im Exil lebten. Er studierte Politik, Wirtschaft und Philosophie. 1962 vermählte er sich mit Prinzessin Sofia von Griechenland. Das Königspaar hat drei Kinder: Die Prinzessinnen Elena und Cristina sowie den Kronprinzen Felipe. Hinzu kommen inzwischen acht Enkel.

Die älteren Spanier haben auch nicht vergessen, wie Juan Carlos am 23. Februar 1981 einen Putschversuch rechter Militärs stoppte. Unter den jungen Spaniern steigt derweil heute die Zahl jener, die sich auch ein Land ohne König und mit einem gewählten Staatschef vorstellen können. Spaniens Königshaus steuert auf ungewisse Zeiten zu.

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