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Panorama: Abgedampft

Sie ist die schnellste Dampflok und war der Stolz der Reichsbahn. Nun landet die 18 201 wohl im Ausland

Sie war der Stolz der Reichsbahn in der DDR. Und sie hatte 1994 noch einmal ihren großen Auftritt bei der Fusion von Bundesbahn und Reichsbahn zur Deutschen Bahn AG, als im Berliner Ostbahnhof ein ICE für die Bundesbahn und eben sie für die Reichsbahn zusammengekuppelt wurden, um die neue Einheit zu symbolisieren. Doch nun ist es mit der Herrlichkeit vorbei. Die immer noch schnellste Dampflokomotive der Welt, die 18 201, soll ins Ausland verkauft werden.

Dabei stand die Lok schon einmal vor dem Aus. 1997 nahm die Bahn den schnellen Schnaufer vom Gleis. Aber die eigens gegründete Dampf-Plus GmbH, an der auch der Pianist – und Eisenbahnliebhaber – Axel Zwingenberger beteiligt war, ließ das Gefährt für 600 000 Euro in der bahneigenen Dampflokschmiede Meiningen wieder fit machen. Seit 2002 dampfte es wieder vor Sonderzügen.

Zur Überraschung ihrer Fans war die einst grün-schwarze Lok rot lackiert worden. Diese Aktion hatte der Modellbahnhersteller Roco gesponsert, der so nach den grünen Modellen weltexklusiv auch die rote Variante anbieten und verkaufen konnte. Stammlokführer der 18 201 waren Bahn-Mitarbeiter aus Halle/Saale, wo die Lok seit Jahren stationiert war.

Einige kannten die Maschine seit ihrem Ersteinsatz im Jahr 1961. Doch jetzt weigere sich die Bahn, das vom Vorstand Anfang 2004 zugesagte Speziallokpersonal bereitzustellen, klagt Dampf-Plus-Geschäftsführer Christian Goldschagg. Die GmbH habe der Bahn auch angeboten, die Lokomotive zurückzukaufen. Gespräche hierüber seien jedoch „von höchster Stelle“ abgelehnt worden. Die Bahn entgegnet, sie habe durchaus Personal für weitere Sonderfahrten „zu marktüblichen Konditionen“ angeboten, was Dampf- Plus abgelehnt habe. In einem Brief von Bahnchef Hartmut Mehdorn vom November an Goldschagg heißt es allerdings, „eine Regelung zur Personalgestellung“ habe es nie gegeben.

Bahn AG und Dampf-Plus liegen sich schon seit langem in den Haaren. Mit den Dampfzug-Sonderfahrten hat Dampf- Plus laut Goldschagg nie Geld verdient. Nun sei die Gesellschaft am Ende und werde aufgelöst. Den roten Renner habe er aber als Privatmann nach einem Exposé durch einen Wirtschaftsprüfer für 1,9 Millionen Euro erworben, sagte Goldschagg dem Tagesspiegel, und werde ihn nun verkaufen. Es gebe bereits drei Interessenten, darunter zwei aus Übersee.

Die Bahn hat ein Vorkaufsrecht, doch ob sie das Geld aufbringen würde, ist zweifelhaft. Sonderfahrten bringen wenig ein. Daher hat die Bahn auch ein anderes Projekt aufgegeben. Ursprünglich wollte sie den früheren Stolz der Bundesbahn, einen TEE-Triebwagen VT 11.5, später VT 601 genannt, für Museumsfahrten nutzen. Nach der Wende mietete ihn die Reichsbahn und ließ ihn als ersten Intercity zwischen Berlin und Hamburg fahren. Nun bleibt er auf dem Abstellgleis, und der rote Renner dampft vielleicht bald in den USA. Dort wäre man dann wahrscheinlich wieder sehr stolz auf ihn.

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