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Panorama: Abschied der Dickhäuter

Der Bundesrat diskutiert über ein Verbot von Elefanten im Zirkus

Mit weichem Rüssel nimmt der Elefant das Brot aus der hingestreckten Hand, der kleine Affe flitzt durch die Manege, der Löwe springt majestätisch durch den Feuerreifen. Das ist die schillernde Zirkuswelt, Stoff für viele Kinderträume. Doch diese Zirkuskultur steht vielleicht kurz vor ihrem Untergang.

Zirkustiere sind nicht erst seit des Tigerangriffs auf den Dompteur Roy Horn seit zwei Wochen in den Schlagzeilen. Nun kommt zu der aktuellen Diskussion noch ein weiterer Aspekt hinzu: Am heutigen Freitag stimmt der Bundesrat über einen Antrag Hessens ab, Wildtiere in Zirkusunternehmen zu verbieten (der Tagesspiegel berichtete). Hessen fordert ein Tierschutzgesetz, das Affen, Elefanten und Großbären aus der Manege verbannen soll. Tierschützer wollen das Verbot auch auf andere Tiere wie Löwen, Tiger oder Giraffen ausweiten. Für bereits vorhandene Zirkustiere verlangt Hessen ein Zentralregister, in dem alle Tiere verzeichnet sein sollen.

So sehr die zotteligen Tiere im Zirkus auch geliebt werden, das Leben in der Manege ist eine Qual für sie. Zumindest ist das die Ansicht von Tierschützern, die vor knapp zwei Jahren in Hessen die Bundesratsinitiative ins Rollen gebracht haben. Wildtiere gehören nicht in enge Transportwagen und provisorische Ställe, so der Tenor der Antragsbegründung. Und die Leitlinien, die bereits für die Haltung von Zirkustieren bestehen, seien in der Praxis weder kontrollier- noch durchführbar.

Susanne Matzenau, Sprecherin des Zirkus Krone, kann sich einen Zirkus ohne Wildtiere nicht vorstellen. „Ein Zirkus ohne Tiere ist kein Zirkus, sondern ein Varieté.“ Matzenau befürchtet das Ende des klassischen Zirkus, denn Zirkusunternehmen mit einem rein artistischen Programm hätten selten Erfolg. „Gerade unsere acht Elefanten sind die Wappentiere des Zirkus Krone und die Lieblingstiere von den meisten Zuschauern“, so Matzenau. Das Argument von Tierschützern, Wildtiere verbrächten beim Zirkus zu viel Zeit in Transportwagen, betrachtet Matzenau als „eine Unterstellung und im Fall des Zirkus Krone als eine Lüge“. Der Zirkus Krone sei zwar im Schnitt ein bis zwei Mal pro Woche auf Reisen, ansonsten würden sich die Elefanten aber in einem ausreichend großen Gehege befinden.

Nach Ansicht von Alexander Haufellner, Vorstandsmitglied im Verein „Elefanten- Schutz Europa“, sind Zirkuselefanten im Durchschnitt viel zu klein und zu dünn. Und das sei auf Stress und falsche Haltung zurückzuführen. „Seit 1989 sind in deutschen Zirkussen 43 Elefanten gestorben, das ist rund ein Drittel des gesamten Bestandes“, sagt Haufellner. Aufgrund falscher Haltung sei der Elefant auch das gefährlichste Tier im ganzen Zirkus. „In den letzten 20 Jahren gab es in Zirkusunternehmen weltweit 40 Todesfälle und mindestens 150 Unfälle mit Verletzten, die von Elefanten verursacht wurden“, so Haufellner. Ein Grund für Aggressivität von Elefanten sei, dass sie sich die ständige Dominanz der Menschen auf Dauer nicht gefallen lassen wollten. Ein Elefant kann einen Menschen ganz überraschend mit seinem Rüssel auf den Boden werfen und dann erdrücken.

Es sieht nicht gut aus für die traditionsreiche Zirkuskultur. „Ein Verbot von Elefanten wäre ja nur der Anfang“, sagt Susanne Matzenau vom Zirkus Krone. Langfristig gehe es um ein Verbot von allen Tieren im Zirkus. „Der nächste Schritt ist ein Tierverbot in Zoos, dann kommen die Tiere in Agrarbetrieben dran. Für mich stellt sich in diesem Fall die Frage, ob man nicht auch die Haltung von Schäferhunden in 23-Quadratmeter-Wohnungen in der Stadt verbieten sollte“, so Matzenau.

Doch so weit wird es zumindest in der nächsten Zeit kaum kommen. Denn auch wenn der Bundesrat am Freitag für ein Verbot von Wildtieren stimmt, so hat immer noch die Regierung das letzte Wort – in diesem Fall Verbraucherministerin Renate Künast. Und das Verbraucherministerium sieht offenbar keinen dringenden Handlungsbedarf für ein Gesetz. „Leitlinien bestehen bereits, problematisch ist nur ihre Umsetzung und Kontrolle. Bei Letzterem bieten wir gerne unsere Unterstützung an“, sagt Sprecherin Ursula Horzetzky. Falls dennoch ein Verbot für Zirkustiere verabschiedet wird, heißt das nicht, dass es ab sofort keine Elefanten mehr in der Manege gibt: denn bereits vorhandene Tiere dürfen bleiben – und Elefanten können bis zu 70 Jahre alt werden.

Julia Ziegler

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