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Ansbach: Ermittler rätseln über das Motiv des Amokläufers

Elf Minuten nach dem Notruf war der Alptraum vorbei. Mit fünf Schüssen aus einer Maschinenpistole haben Polizisten am Donnerstag im mittelfränkischen Ansbach einen 18-jährigen Schüler gestoppt, der in seinem eigenen Gymnasium Angst und Schrecken verbreitet hatte.

Sieben Mitschüler und ein Lehrer wurden Opfer einer brutalen Molotow-Cocktail-Attacke, eine Elftklässlerin verletzte der 18-Jährige mit Axthieben schwer. Andere Schüler flohen in Panik aus dem Schulgebäude, nachdem sie sich zuvor in ihren Klassenräumen vor dem Amokläufer verbarrikadiert hatten.

Was den Schüler der 13. Klasse umtrieb, als er am Donnerstag früh mit drei Molotow-Cocktails, zwei Messern und einer Axt im Gymnasium Carolinum in die Zimmer einer 11. und einer 9. Klasse stürmte und je einen Brandsatz zündete, blieb zunächst im Dunkeln. Der Jugendliche war nach seinen schweren Verletzungen und einer Operation zunächst nicht vernehmungsfähig. Nach Berichten von Mitschülern war der junge Mann auf jeden Fall alles andere als ein frustrierter Außenseiter oder ausgegrenzter Sonderling. Immerhin sei er Mitglied der Theatergruppe des Gymnasiums, berichtete am Donnerstag ein ehemaliger Carolinum- Schüler.

Auch wenn der genaue Ablauf des Amoklaufs am Donnerstag noch nicht restlos geklärt war - als sicher gilt: die besonnene Reaktion eines Schülers aus der 13. Klasse hat wahrscheinlich Schlimmeres verhindert. Der Abiturient hatte nach Angaben des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann (CSU) am Donnerstagmorgen sofort mit seinem Handy die Polizei alarmiert, als er verdächtigen Lärm in dem Schulkomplex vernahm. Anschließend lief er in das entsprechende Stockwerk und löschte die brennenden Möbel. Dabei profitierte er ganz offensichtlich von seinem Know-How als Mitglied der freiwilligen Feuerwehr.

"Wir dachten erst, es sei ein Feueralarm", erzählt die 10 Jahre alte Nicole Trolese. Das Mädchen mit den dunkelblonden Haaren war erst vor drei Tagen von der Grundschule in die 5. Klasse des "Caro" gewechselt, wie Schüler das Gymnasiums nennen. "Viele haben geweint, ich bin noch immer geschockt." Nachdem Feueralarm ausgelöst worden war, seien sie und ihre Schulkameraden in das in der Nähe gelegene Gebäude der örtlichen Arbeitsagentur gebracht worden. "Auf dem Weg dahin haben wir dann die Helikopter über uns gehört."

Nicoles Vater hatte am Morgen von einem Bekannten erfahren, dass es einen Amoklauf an der Schule seiner Tochter gab. "Ich war gerade auf dem Weg zur Arbeit, als er mich anrief", erzählt er. "Ich war erst beruhigt, als ich wusste, dass es meiner Tochter gut geht." In dem Moment, als er von dem schlimmen Ereignis gehört habe, sei er wie erstarrt gewesen: "Da denkst du alles Mögliche - Gutes und Schlechtes", sagt Renato Trolese und drückt dabei seine Tochter fest an sich.

Ganz aus der Nähe erlebte auch die Angestellte Maria Becker den Amoklauf mit. Aufgeschreckt vom Martinshorn der Polizeiwagen rannte die 30-Jährige mit ihrer Kollegin aus dem Büro, das nur wenige Schritte vom Gymnasium entfernt liegt: "Die Polizisten haben gesagt, wir sollen uns sofort in Sicherheit bringen und die Türen schließen. Als ich dann später von dem Amoklauf gehört habe, habe ich nur gedacht: Nicht hier, nicht hier!"

Ira Kugel[dpa]

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