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Panorama: Blutige Rache eines Patienten?

Die Polizei rätselt über das Motiv des Amokläufers. Sicher ist nur: Er war bei beiden getöteten Ärzten in Behandlung

Eine Bluttat mit vier Todesopfern, die sich am Donnerstagvormittag in Ludwigshafen ereignete, hat in der Bevölkerung blankes Entsetzen ausgelöst . Unter den Getöteten befinden sich zwei Ärzte, die der Amokläufer kurz hintereinander in ihren Praxen niederstreckte. Bei dem Täter handelt es sich um einen 69-jährigen Italiener .

Die Hintergründe des Amoklaufs sind noch unklar. Mutmaßungen, dass es sich um einen Racheakt wegen eines vermeintlichen Behandlungsfehlers gehandelt haben könnte, liegen nahe. Der Leitende Oberstaatsanwalt Lothar Liebig von der Staatsanwaltschaft Frankenthal verwies sie am Donnerstagabend jedoch noch in den Bereich der Spekulation. Angesichts der Schwere der Bluttat hätten Erkrankungen und deren Behandlung bei den Ermittlungen noch keine Rolle spielen können. Fest steht inzwischen aber, dass der Täter bei beiden Ärzten in Behandlung war. Auch seine Frau soll bei beiden Ärzten Patientin gewesen sein.

Der 69-jährige Todesschütze hatte am Vormittag in einer Gemeinschaftspraxis einen 45-jährigen Internisten aufgesucht und ihn mit mehreren Schüssen aus einer Handfeuerwaffe tödlich getroffen. Bei der Waffe handelte es sich um eine Pistole vom Kaliber 45. Er fuhr dann mit seinem Pkw zu einer weiteren Arztpraxis, verschaffte sich Zutritt zu einem der Behandlungszimmer und verletzte dort einen 37-jährigen Internisten so schwer, dass dieser später in einem Ludwigshafener Krankenhaus ebenfalls starb.

Die Mordkommission des Polizeipräsidiums Rheinpfalz fand die im gleichen Stadtteil gelegene Wohnung des Täters verschlossen vor. Nachdem sich auf lautes Rufen niemand meldete, brachen Polizeibeamte die Eingangstür auf. Ihnen bot sich ein schreckliches Bild. In der Wohnung lag die 71 Jahre alte Ehefrau des Amokläufers in ihrem Blut, sie war ebenfalls erschossen worden. Die Ermittlungsbehörden gehen von einem weiteren Verbrechen des 69-Jährigen aus.

Das Ehepaar, das nach Aussagen eines Polizeisprechers „seit Jahr und Tag“ in Ludwigshafen wohnte, besaß immer noch die italienische Staatsbürgerschaft. War die Frau möglicherweise schwer krank, so dass sie der Ehemann von ihren Leiden erlösen wollte? Strafrechtlich liegen nach Auskunft der Staatsanwaltschaft noch keine verlässlichen Erkenntnisse vor.

Beim Polizeipräsidium Rheinpfalz wurde inzwischen eine Sonderkommission eingerichtet. Durch die Befragung von Angehörigen, Freunden und Nachbarn erhoffen sich die Ermittler Aufschluss über das Tatmotiv des Rentners. „Es kann möglich sein, dass Unzufriedenheit eine Rolle spielte“, so ein Sprecher des Polizeipräsidiums Rheinpfalz. Aber so weit sei man mit den Ermittlungen noch nicht, dass dies verbindlich festgestellt werden könne.

Nach den Erkenntnissen von Polizei und Mordkommission drang der Todesschütze am Morgen gegen elf Uhr in die im Erdgeschoss gelegene erste der beiden Arztpraxen ein. Er nannte den Namen des von ihm später erschossenen Mediziners und sagte, dass er ihn sprechen wolle. Der Zufall wollte es, dass ihm sein Opfer kurz darauf im Flur begegnete. Der Arzt hatte keine Chance: der Italiener eröffnete sofort das Feuer und tötete den 45-Jährigen mit mehreren Schüssen aus einer Pistole. Danach machte er sich mit seinem Mercedes älterer Bauart auf den Weg zur zweiten Praxis.

Noch während sich die um 11 Uhr 02 alarmierten Polizeibeamten einen Überblick über die Geschehnisse am ersten Tatort verschafften und eine Fahndung nach dem Fluchtfahrzeug auslösten, ging gegen 11 Uhr 20 der zweite Notruf bei der Polizei ein. Der Täter hatte die im gleichen Stadtteil gelegene andere Praxis aufgesucht und sich bei der Arzthelferin nach dem Internisten erkundigt. Diese teilte ihm mit, er könne den Arzt jetzt nicht stören. Ungeachtet dessen trat der Italiener in eines der Behandlungszimmer ein. Dort sah er den Gesuchten und streckte ihn ebenfalls mit mehreren Schüssen nieder. Der 37-jährige erlag später im Krankenhaus ebenfalls seinen schweren Verletzungen.

Aufgrund der sofort eingeleiteten Fahndung wurde der Todesschütze bereits um 11 Uhr 23 im Ludwigshafener Stadtteil Hemshof gestellt. Die Beamten keilten seinen Pkw zwischen zwei Polizeifahrzeugen ein. Noch bevor sie ihn jedoch festnehmen konnten, schoss sich der Amokläufer mit seiner Waffe in die Brust. Wenig später erlag er seinen Verletzungen im Krankenhaus.

Heidi Parade[Ludwigshafen]

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