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Allison

© AFP

Carrie real: Der Sahnetortenfaktor

Gibt es irgendeine Frau, die so lebt wie Carrie Bradshaw aus "Sex and the City"? Ja. Sie heißt Julia Allison.

„Schauen Sie sich um, New York ist ,Sex and the City‘“, sagt Julia Allison und fügt – wichtig – hinzu, dass sie seit Jahren mit Carrie Bradshaw verglichen wird. Kein Wunder, findet die 27-Jährige, „schließlich schreibe ich wie Carrie eine Sexkolumne und lebe dieses Leben jeden Tag".

Vielleicht gibt es Millionen Frauen auf der Welt, die davon träumen, das zu tun, was Julia Allison getan hat, vielleicht sind es aber auch deutlich weniger: Vor vier Jahren zog sie nach New York, um das Leben von Carrie Bradshaw zu führen. Julia schreibt Sexkolumnen, trifft regelmäßig ihre Busenfreundinnen, treibt sich auf Partys rum, lässt sich von reichen Singlemännern ausführen. Und sie hatte sogar eine Beziehung mit einem Mr. Big. Julia also sagt: „Wenn es eine Carrie meiner Generation gibt, dann bin das ich!" Ich treffe Julia an einem Freitagabend im überfüllten Celebrity Hotspot „Waverly Inn" im West Village, das Restaurant des US-Vanity-Fair-Chefredakteurs Graydon Carter. „Zur Zeit mein absolutes Lieblingslokal", schwärmt Allison. Und so populär, dass hier nur essen darf, wer berühmt ist oder die richtigen Beziehungen pflegt. So wie Julia. „Als ich noch den Chefredakteur von „Men's Health“ gedatet habe, waren wir jede Woche hier. Im vorderen Bereich sitzen die VIPs, im hinteren Raum die, die keiner kennt“, erklärt sie die Spielregeln am Tatort der Eitelkeit.

Julia Allison steckt in einem tief ausgeschnittenen, engen Etuikleid mit Zickzackmuster und passendem Mantel der Designerin Milly. Dazu trägt sie offene High Heels, frisch manikürte Fußnägel und eine Perlenkette. Die weiße Chanel Clutch baumelt am rechten Handgelenk. Sie fällt auf. Vor allem den Männern, die sie ungeniert mit ihren braunen Rehaugen und einem zuckersüßen Lächeln anflirtet. Julia Allison hat nichts dem Zufall überlassen. Ihre Erfolgsstrategie:

§1: Frühe Erfahrung

Sex-Expertin wird man nicht von heute auf morgen. Je früher man sein Intimleben verwertet, desto niedriger ist später die Hemmschwelle zur schonungslosen Offenheit. Julia Allison sah mit 17 das erste Mal „Sex and the City“ (SATC) und nahm sich die Serie umgehend zum Vorbild. Während des Studiums in Georgetown schrieb sie für die Uni-Zeitung „The Hoya“ die Dating-Kolumne „Sex on the Hilltop“.

§2: Der Star ist die Stadt

Sarah Jessica Parker bezeichnet New York gerne als die fünfte Hauptdarstellerin der Serie. Keine andere Stadt bietet auch nur ansatzweise ähnlich optimale Bedingungen. Wo sonst gibt es einen unerschöpflichen Vorrat an reichen Singlemännern? Wo sonst hat man täglich Zugang zu glamourösen Events? Wo sonst wird die Dating-Kultur derart auf die Spitze getrieben? In New York gilt die „BBD"-Mentalität. Bigger Better Deal – die Möglichkeit auf der nächsten Party einen noch attraktiveren, interessanteren und reicheren Typen aufzugabeln.

§3: Investiere in Maskulinkapital

In New York empfiehlt es sich, keine Männer unterhalb der eigenen Steuerklasse zu daten und die eigene Attraktivität als Währung einzusetzen. So kann man das Glamourleben einer Carrie Bradshaw führen, auch wenn man sich dieses gar nicht leisten kann. Der Mann zahlt immer. „Man sollte immer drei Typen daten", rät Julia, „Sex habe ich allerdings höchstens mit einem. Sonst wird's zu kompliziert." Die Kandidaten führen Allison in New Yorks beste Lokale aus, beschenken Sie mit Chanel-Handtaschen. Julia datete unter anderem einen Politiker, einen Schauspieler, einen Prinz, einen Chefredakteur, einen Milliardärssohn, sogar einen Ex von Candace Bushnell, die mit ihren Kolumnen im „New York Observer" ihrerseits die Vorlage für SATC lieferte. Auch ihren Mr. Big hat Allison schon gefunden. „Wir sind mit seinem Mercedes-Cabrio durch New York gefahren und er hat mir alles gezeigt. Ich werde nie vergessen, wie er mir bei Barneys mein erstes Paar Manolos gekauft hat." Mittlerweile sind die beiden nur noch befreundet, aber: „Ich wäre nicht überrascht, wenn wir am Ende doch heiraten." Dass sie nur auf Männer mit Geld aus sei, weist sie zurück: „Ehrgeiz und Erfolg sind die Kriterien, die ich faszinierend finde." Ganz zufällig haben erfolgreiche Männer meistens Geld.

§4: Lasse dich sponsern

Ein winziges Apartment in Manhattan kostet 2500 Dollar im Monat. Zum Glück ist New York voll potentieller Sponsoren. Julia hatte es anfangs nicht leicht, erzählt sie. Die 50 Dollar pro Kolumne, die sie anfangs von der kostenlosen Tageszeitung „AM New York“ bekam, reichten nicht zum Überleben. „Mein Mr. Big hat mich zwei Jahre finanziell unterstützt. Ich bin noch im ersten Jahr zu ihm gezogen. Ohne ihn, wäre ich nie so weit gekommen. Fast alle jungen ehrgeizigen Frauen, die es hier zu was bringen wollen, brauchen einen Mr. Big als Sprungbrett." Sie wurde Kolumnistin beim New Yorker Stadtmagazin „Time Out“. Dann kam letztes Jahr das Angebot, als Promi-Expertin im Fernsehen aufzutreten. Mittlerweile hat sie eine Assistentin, ein sechsstelliges Gehalt und sie kann es sich sogar leisten, auch mit mittellosen Künstlern auszugehen. „Ich date gerade einen jungen Typ aus Brooklyn, der noch nicht mal einen Hochschulabschluss hat. Für den Mann zu zahlen ist eine ganz neue Erfahrung für mich.

§5 Trage High Heels

Für New Yorker Karrierefrauen gehören Stilettos zum Dresscode. „In New York wird man automatisch zum Fashionista.“ Teile aus bezahlbaren Läden wie H&M, American Apparel oder Bebe mixt sie geschickt mit Designerstücken von Bergdorf Goodman oder Barneys. Und jetzt kommt ein bitteres Eingeständnis: Ihre Stilettos kauft Julia bei günstigeren Labels – sie selbst besitzt nur ein einziges Paar von Carries geliebten Manolos.

§6 Verbünde dich

Die Freundschaft zwischen Carrie, Charlotte, Miranda und Samantha ist der emotionale Treibstoff von „Sex and the City". Ohne soziales Sicherheitsnetz kann New York zum einsamen Schlachtfeld werden. „Ich habe mich am Anfang unglaublich alleine gefühlt", erinnert sich Julia. Dann traf sie die Hedgefonds- Managerin Meghan, 27, und die Handtaschendesignerin Mary, 26. Mittlerweile sind die Drei unzertrennlich. „Mary ist der Style-Guru, Meg der Technik-Freak und ich bin die Dating-Expertin, wie Carrie“, sagt Allison.

§7: Entblöße dich

Omnipräsenz ist der Schlüssel zum Erfolg. Stattdessen treibt sie sich auf allen wichtigen Medienpartys der Stadt rum, selbst wenn sie nicht eingeladen ist. „Das ist kein Vergnügen, sondern Teil meines Jobs." Und: Sie hat einen eigenen Blog, den sie mit jeder Gefühlsschwankung, ihren Dating-Abenteuern und Eigenportraits bestückt. Gerne Fotos, auf denen sie neben Männern wie Virgin-Gründer Richard Branson posiert. Ihre laszive Körperhaltung ist immer die gleiche.

§8 Ignoriere die Lästerschweinchen

Auf der zynischen New Yorker Gossip- und Medienplattform gawker.com ist Allison ein beliebtes Opfer. Andererseits: Wer dort zerrissen wird, gehört zur New Yorker Medienelite und Lokalprominenz. „SATC“-Produzent Michael Patrick King nennt dies den Sahnetortenfaktor, nach jedem Triumph fliegt zum Ausgleich die Sahnetorte ins Gesicht. Man nennt sie einen Publicity-Junkie, die Paris Hilton der Medienbranche. Dumm nur, dass Julia schon einige viel versprechende Männer davonliefen. „Die haben mich gegoogelt und weg waren sie." Sowas Dummes ist Carrie nie passiert.

Nadine Sieger[New York]

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