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Panorama: Der Holzwurm stimmte die Stradivari

„Nature“ enthüllt Geheimnis der Geige

London - Eine Holzwurmplage und harter Lack – das steht einem US-Forscher zufolge hinter dem einzigartigen Klang der Stradivari-Geigen. Wie der aus Ungarn stammende Chemiker Joseph Nagyvary in „Nature“ berichtet, habe er das Geheimnis der legendären Saiteninstrumente in jahrzehntelanger Arbeit erkundet. Der unvergleichliche StradivariSchmelz gibt seit Jahrhunderten Rätsel auf. Musikwissenschaftler, Instrumentenbauer und Chemiker vermuteten, der 1737 verstorbene Geigenbauer könnte einen besonderen Leim benutzt haben oder Ahornholz aus Kathedralen. Eine Theorie besagte, das Material stamme von Bäumen, die während der sogenannten Kleinen Eiszeit in Europa im 16. bis 18. Jahrhundert ein besonders dichtes Holz entwickelt hätten.

Um das Geheimnis zu lüften, entnahmen der an der texanischen A&M University tätige Nagyvary und sein Team fünf antiken Instrumenten winzige Holzsplitter. Die Zusammensetzung wurde mit Infrarotstrahlen und dem Verfahren der Kernspinresonanz untersucht. Unter die Lupe nahmen die Forscher eine Geige und ein Cello, die Antonio Stradivari 1717 in der norditalienischen Kleinstadt Cremona gefertigt hatte, dazu eine Violine aus der Werkstatt des ebenfalls weltberühmten und ebenfalls in Cremona ansässigen Geigenbauers Giuseppe Guarneri von 1741. Analysiert wurde aber auch eine in den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts in Paris gebaute Geige von Gand-Bernardel und eine Bratsche des Londoner Herstellers Henry Jay von 1769. Zum Erstaunen der Wissenschaftler ergaben die Instrumentenproben aus Cremona Hinweise auf eine chemische Behandlung – alle anderen dagegen nicht. Zu jener Zeit habe es eine schwere Holzwurmplage gegeben. Für Nagyvary ist es die Holzwurmbehandlung, die den typischen, in Tiefenbereichen samtigen, fließenden Stradivari-Ton erzeugt. Eine wichtige Rolle spiele aber auch der aus Kristallpulver hergestellte Originallack, der ebenfalls Holzwurmbefall vorbeugen sollte: Er verschaffe einer Stradivari die Brillanz in den höheren Tonlagen. Nagyvary: „Im Grunde genommen denke ich, dass als unbekannter Held hinter den Stradivari-Geigen der Besitzer der örtlichen Drogerie steht.“ AFP

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