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Sturm der Entrüstung. Seit Tagen gehen in Indien Hunderte Menschen auf die Straße und protestieren gegen die USA. Foto: AFP

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Panorama: Der Stolz Indiens

Eine Diplomatin hat ihre Haushaltshilfe unterbezahlt und wurde in den USA verhaftet. Das bringt Ärger.

Unionsminister Kamal Nath ist empört. „Indien ist doch keine Bananenrepublik, mit der man so umspringen kann“, sagt der Politiker, ein Urgestein der regierenden Kongresspartei. Und drohte den USA mit Folgen, sollten sie sich nicht „bedingungslos entschuldigen“. Die Verhaftung und angeblich intime Leibesvisitation einer indischen Diplomatin in den USA hat zu einem schweren Eklat zwischen beiden Staaten geführt.

„Nannygate“, wie die Affäre flugs getauft wurde, hat das Zeug, das Verhältnis nachhaltig zu stören. Medien sprachen von einer der „schwersten Kräche“ in der Geschichte der amerikanisch-indischen Beziehungen. Seit Tagen überbieten sich Zeitungen mit wütenden Schlagzeilen. Indiens Nationaler Sicherheitsberater Shivshankar Menon nannte das Vorgehen der USA sogar „barbarisch“. Wutentbrannt bestellte Indiens Außenministerium US-Botschafterin Nancy Powell ein. Zugleich rückten Bulldozer vor der US-Botschaft in Neu-Delhi auf und räumten die Betonbarrieren weg, die das Gebäude bisher besonders gesichert hatten. Auch entzog Indien US-Diplomaten ihre Ausweise, die ihnen einen Sonderstatus etwa am Flughafen und andere Privelegien beim Import gewährten.

Im Mittelpunkt des Sturms steht die indische Vizegeneralkonsulin Devyani Khobragade, die am Konsulat in New York für Politik, Wirtschaft und Frauenfragen zuständig war. Die US-Behörden werfen der 39-Jährigen vor, ihre indische Nanny Sangeeta Richard unterbezahlt und falsche Gehaltsangaben im Visaantrag gemacht zu haben. So habe sie lediglich 3,31 Dollar pro Stunde gezahlt, aber im Visaantrag für die Hausangestellte 9,75 Dollar pro Stunde angegeben.

Nun ist es kein Einzelfall, dass Diplomaten ihr Personal mitbringen – und dieses nach heimischen Sitten behandeln und bezahlen. Nicht selten verstoßen sie damit gegen Gesetze der Gastländer. Oft werden beide Augen zugedrückt oder die Probleme werden still und heimlich unter der Hand gelöst. Was Indien empört, ist auch nicht, dass die USA gegen Khobragade ermitteln. Was die stolzen Inder aufbringt, ist vielmehr, dass man sie – und damit eine amtierende Stellvertreterin des Landes – angeblich demütigte und wie eine Schwerverbrecherin behandelte.

Am Donnerstag vor einer Woche fing die Polizei die junge Mutter morgens vor der Schule ihrer Tochter ab und führte sie angeblich in Handschellen ab. Auf der Polizeiwache sei sie mit Drogensüchtigen in eine Zelle geworfen worden, klagte die Inderin. Damit nicht genug. Sie musste sich entblößen und einer intimen Leibesvisitition unterziehen lassen. Dabei sei sie nicht nur äußerlich abgetastet worden, sondern auch vaginal und anal, wie die US-Behörden zugeben. „Ich bin mehrmals zusammengebrochen“, schrieb die Diplomatin. Nach Zahlung einer Kaution in Höhe von 250 000 US-Dollar wurde Khobragade auf freiem Fuß gesetzt.

Zwar hat US-Außenminister John Kerry inzwischen in einem Telefonat mit Menon den Vorfall bedauert. Doch die lautstarke Empörung will nicht weichen und weist auf tiefere Risse in der Beziehung hin. Die Affäre schlug so hohe Wellen, dass Außenminister Salman Khurshid seine politische Zukunft daran knüpfte und im Parlament schwor, er werde Khobragades „Ehre wiederherstellen“ – oder zurücktreten.

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