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Papst Benedikt XVI.

© dpa

Drei Jahre nach der Papstwahl: Benedikt hat die Hoffnungen nicht erfüllt

Ein neuer Dialog der Religionen, Impulse für die Ökumene: Die Erwartungen an Joseph Ratzinger waren groß, als der Deutsche vor drei Jahren überraschend zum Papst gewählt wurde. Doch mittlerweile ist die Hoffnung der Ernüchterung gewichen.

Joseph Ratzinger war gerade zum Papst gewählt worden, da setzte er ein hoffnungsvolles Zeichen: In seiner ersten Predigt nannte Benedikt XVI. die Einheit der christlichen Kirchen und den Dialog mit anderen Religionen als seine wichtigsten Aufgaben. Wenig später lud er einen seiner schärfsten Kritiker, den Tübinger Kirchenrebell Hans Küng, zu einem vertraulichen Gespräch in den Vatikan ein. In seiner ersten Enzyklika feierte er dann die Liebe als Licht der Welt. Benedikts Milde überraschte und weckte Sympathien - auch bei denen, die anfangs skeptisch waren. Heute - drei Jahre nach der Wahl im April 2005 - ist die Ernüchterung groß.

Evangelische Christen gehören keiner Kirche an, sagt der Papst

Vor allem in Deutschland ist die Enttäuschung über den deutschen Papst spürbar. Die 25 Millionen evangelischen Christen gehören nach römischer Lehre keiner Kirche im eigentlichen Sinne an - das hat der Vatikan im vergangenen Sommer in seinen "Antworten" zur "Lehre über die Kirche" erneut eingeschärft. Kardinal Karl Lehmann gab sich alle Mühe, dem Lehrschreiben die Schärfe zu nehmen. Er sah in ihm noch Raum, "die anderen Kirchen nicht nur moralisch, sondern theologisch als Kirchen zu achten".

Auch Lehmanns Nachfolger im Vorsitz der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, pflegt eine enge ökumenische Zusammenarbeit mit der evangelischen Kirche. Auch er sucht innerkatholisch neue Wege und hinterfragte gleich zu Beginn seiner Amtszeit die Ehelosigkeit der Priester. Beim Katholikentag im Mai in Osnabrück wird Zollitsch über "Verantwortung von katholischen Laien und Klerikern in neuen Strukturen" sprechen, also darüber, wie die Kirche kreativ mit den Folgen des Priestermangels umgehen kann.

Wiederbelebung der lateinischen Messe

Aus Rom scheint Zollitsch dafür wenig Hilfe zu bekommen. Je länger Benedikt regiert, desto deutlich wird: Die Öffnung der Kirche zur modernen Welt, das "Aggiornamento" des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965), hält er für den falschen Weg. Daher seine Wiederbelebung der traditionalistischen lateinischen Messe, die Abkehr von der historisch-kritischen Bibelforschung in seinem Jesusbuch, die Verurteilung des Befreiungstheologen Jon Sobrino, die Rückkehr zur Idee der Judenmission in der neuen Karfreitags-Fürbitte.

Die von Papst Benedikt angekündigte Reform der Kirchenverwaltung ist bisher ausgeblieben. "Noch nie war der Zentralismus in der Kirche so stark ausgeprägt wie heute", kritisiert der Münchner Jesuit Wolfgang Seibel. Der langjährige Chefredakteur der "Stimmen der Zeit" und Mitbegründer der katholischen Journalistenausbildung in Deutschland ("Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses") sieht die deutschen Bistümer weitgehend ausgeschaltet: Die Bischöfe seien reine "Befehlsempfänger" des Papstes geworden, die Bischofssynode "nur noch eine Karikatur dessen, was das Konzil wollte".

Misstrauen gegen die Moderne

Renommierte katholische Theologen wie Klaus Müller (Münster), Magnus Striet (Freiburg) und Georg Essen (Nijmegen) sehen ein Grundproblem in Ratzingers Misstrauen gegen die neuzeitliche Idee des freien Subjekts. Die moderne Vernunft hat sich aus Benedikts Sicht von Gott abgekehrt und huldigt dem "Relativismus". Das Verhältnis von Vernunft und Glaube bestimmt der Papst lieber mit Hilfe altgriechischer Philosophen und spätantiker Kirchenlehrer. Damit sei aber kein Gottesdenken auf der Höhe der Zeit möglich, kritisieren die Theologen. Genau dies - und nicht das missverständliche Zitat über den Islam - sei das Problem der Regensburger Vorlesung des Papstes im Herbst 2006 gewesen.

"Die Liebe ist das Licht (...), das eine dunkle Welt immer wieder erhellt und uns den Mut zum Leben und zum Handeln gibt." Hinter diesen poetischen Worten aus der ersten Enzyklika des Papstes steckt eine Skepsis - Kritiker sagen: eine Angst - gegenüber der "dunklen Welt". Die gläubige Kirche steht der ungläubigen Welt gegenüber. Diese Frontstellung ist auch in der zweiten Papst-Enzyklika "Spe salvi" zu finden. Die heutige Welt tauche dort nur auf "als eine Welt ohne Gott, die eine Welt ohne Hoffnung ist", schreibt der Altmeister der evangelischen Theologie, Jürgen Moltmann, in der Zeitschrift "Publik-Forum" (März). Für ihn ist klar, was in der Enzyklika über die Hoffnung fehlt: Hoffnung.

Bernward Loheide[dpa]

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