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Delwar Hossain, Textilfabrikbesitzer in Bangladesch.

© dpa

Erpressungsverdacht in Bangladesh: Löhne erst ausbezahlt, als Fabrikbesitzer aus der Haft kam

Es klingt nach einer infamen Erpressung der Justiz: Die Löhne der Textilarbeiter in Bangladesch werden erst ausgezahlt, wenn der Fabrikbesitzer aus dem Knast kommt, wo er wegen des katastrophalen Brandes vor zwei Jahren mit 112 Toten einsaß.

Fast zwei Jahre nach dem Brand in einer Textilfabrik in Bangladesch mit 112 Toten ist der Besitzer wieder auf freiem Fuß. Delwar Hossain sei wegen Totschlags angeklagt, aber auf Kaution freigekommen, berichtete die Zeitung „Daily Star“ am Mittwoch.
Mehrere Hundert Textilarbeiter aus fünf Fabriken Hossains sind seit mehr als einer Woche im Hungerstreik. Sie haben seit drei Monaten keinen Lohn mehr erhalten.
Einige Arbeiter sagten, ihr Lohn sei einbehalten worden, um Druck auf die Justiz auszuüben, den Fabrikbesitzer gehen zu lassen. Tatsächlich begann der Verband der Textilhersteller und -exporteure Bangladeschs wenige Stunden nach dessen Freilassung damit, einige ausstehende Löhne zu zahlen.
Der Großbrand in der Fabrik Tazreen Fahsion Limited war eines der schlimmsten Unglücke in der Geschichte der Textilproduktion in Bangladesch. Die Fabrik gehört zur Tuba Group, bei der auch C&A, Walmart und andere europäische und US-amerikanische Auftraggeber fertigen ließen.
Es gab dort keine Notausgänge, deswegen sprangen damals viele Arbeiter aus Verzweiflung aus den Fenstern des neunstöckigen Gebäudes. Dieses lag in einer engen Gasse, so dass Feuerwehrleute nicht herankamen. Überlebende Arbeiter berichteten sogar, die Ausgänge der Fabrik seien abgesperrt gewesen. Tuba-Group-Besitzer Hossain habe sich wegen Fahrlässigkeit schuldig gemacht, meinen die Ankläger.

Textilbranche ist wichtigster Zweig der Wirtschaft

Zunächst nahm nur eine kleine Gruppe Arbeiter das Angebot an, zumindest die ausstehenden Löhne für die Monate Mai und Juni zu erhalten. Die meisten Streikenden blieben in einem Fabrikgebäude in Ashulia, einem Industrievorort der Hauptstadt Dhaka. Laut „Daily Star“ ging die Polizei mit Stöcken auf Aktivisten und Journalisten los, die die Arbeiter unterstützen wollten.
Die Textilindustrie ist enorm wichtig für das arme Bangladesch, keine andere Branche bringt so viel Geld ins Land. Tausende Fabriken sind Arbeitsplatz für Hunderttausende Menschen, vor allem Frauen, die dadurch ihre Familien ernähren. Die meisten Exporte gehen nach Europa. Doch kommt es auch immer wieder zu schweren Unglücken. Im April 2013 stürzte das Fabrikgebäude Rana Plaza in sich zusammen, dabei kamen mehr als 1100 Menschen ums Leben. (dpa)

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