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Panorama: Erst übernahm Tom Ford Gucci, dann Yves Saint Laurent

Ab jetzt bestimmt ein Texaner, wo es in der Modewelt lang geht. Tom Ford, der die Trendmarke Gucci als Chefdesigner nicht nur vor dem Ruin rettete, sondern sie zur ersten Adresse machte, ist nach der Übernahme des Hauses Yves Saint Laurent durch Gucci auch dort Modechef.

Von Andreas Oswald

Ab jetzt bestimmt ein Texaner, wo es in der Modewelt lang geht. Tom Ford, der die Trendmarke Gucci als Chefdesigner nicht nur vor dem Ruin rettete, sondern sie zur ersten Adresse machte, ist nach der Übernahme des Hauses Yves Saint Laurent durch Gucci auch dort Modechef. "Creative Director" lautet der Titel und niemand hat Zweifel, dass Ford innerhalb kurzer Zeit auch die Geschicke des zweiten Modehauses bis in alle Details bestimmen wird. Tom Ford avanciert damit zum mächtigsten Designer der Modewelt.

Außer ihm hat nur noch ein Modeschöpfer zwei Marken: Lagerfeld, der für Chanel und Fendi entwirft.

Aber Ford ist ungleich mächtiger. Der Texaner verkörpert einen neuen Typ in der Modebranche, der Mode nicht mehr als Kunstform sieht, sondern als hartes Geschäft.

Während die Wichtigtuer von gestern, die Briten John Galliano und Alexander MCQueen, die Modewelt mit Laufsteginszenierungen provozierten und die untragbaren Kleider nur benutzten, um in der Nightclubszene Aufmerksamkeit zu erregen und Parfums uns Accessoires zu verkaufen, setzt Ford auf den direkten Markterfolg. "Eine Frau soll augenblicklich so aussehen wollen, wie das Model auf dem Laufsteg", sagt er. Während seine Kollegen den Umweg wählen - auf dem Laufsteg werden untragbare Klamotten gezeigt, in den Geschäften liegen dann die moderateren Schnitte aus - präsentiert Ford die Frauen auf dem Laufsteg so, wie die Kundinnen später aussehen sollen.

Das gilt nicht für die Haute Couture, dieses Verlustgeschäft bei Yves Saint Laurent will er noch dem Namensgeber überlassen. Ford bestimmt die Kollektionen und vor allem die Kollektionen für den Mann. Männermode ist der große Wachstumsseltor der Zukunft. Ford hat da eine gute Hand. Er schaffte 1995 die Bundfaltenhose ab, andere Modehäuser folgten. Inzwischen tragen auch in Berlin immer mehr Männer in den Bars und Restaurants in Mitte Hosen ohne Bundfalten, wenngleich Männer in Modesachen traditionell unflexibel sind. Aber gerade das scheint sich zumindest in Teilbereichen zu ändern.

Auch heterosexuelle Männer wollen zunehmend scharf aussehen und wer scharf aussehen will, egal ob Mann oder Frau, ist bei Gucci bestens bedient.

Das spricht sich herum. Im vergangenen Jahr hat Gucci seinen Gewinn im dritten Quartal verdoppelt. Ford führt modellhaft ein neues System in die Modewelt ein, das die alten Häuser alt aussehen lässt, wenn sie nicht mitziehen. Jahrelang hatten sie geklagt, dass die Geschäfte schlecht laufen, jetzt kommt einer daher, der ihnen vormacht wie es geht. Statt auf die Inszenierung von Kunst setzt Ford auf Marketing-Denken, das nicht nur den schönen Entwurf sieht, sondern auch dessen Verkauf. Dieser Trend scheint sich durchzusetzen, das zeigt schon der konzentrationsprozess im Modesektor. Dabei fällt auf, dass sich viele einst erfolgreiche Designerinnen und Designer zurückziehen, und ihren Platz Marketingexperten frei machen. Letztes Beispiel herfür ist Jil Sander. Sie ist jetzt nur noch Aktionärin. Börsenanalysten hielten den Rückzug für eine gute Nachricht.

Mode muss man nicht gelernt haben. Als Tom Ford als junger Mann beim Modehaus Chloé vorsprach, sagte er, er käme von der renommierten Parsons School of Design in New York. Er verschwieg, dass er dort nicht Mode, sondern Innenarchitektur studiert hatte. Er wurde Modedesigner.

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