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Diego

© dpa

Fälschungen: Bewährungsstrafen im Skandal um Führerscheine für Fußballer

Ein Fahrlehrer und ein Tüv-Regionalleiter sind zu Bewährungsstrafen verurteilt worden, weil sie Profifußballern auf unlautere Weise Führerscheine beschafft haben. Unter anderem bekamen die Spieler Diego oder Roque Junior auf diese Art ihre Führerscheine.

Im Prozess um die dubiose Vergabe von deutschen Führerscheinen an ausländische Fußball-Profis hat das Landgericht Göttingen am Donnerstag Bewährungsstrafen verhängt. Vorausgegangen war ein Deal zwischen den Richtern, der Staatsanwaltschaft und den Angeklagten. Ein 56-jähriger Fahrlehrer aus dem Kreis Northeim erhielt zwei Jahre Haft auf Bewährung wegen gewerbsmäßiger Bestechung und Urkundenfälschung. Ein 42 Jahre alter früherer Regionalleiter des Tüv Nord wurde zu 18 Monaten Bewährungsstrafe verurteilt, weil er sich bestechen ließ. Der Fahrlehrer hatte den Tüv-Mitarbeiter für falsche Prüfbescheinigungen bezahlt und zudem Unterlagen für das Umschreiben der ausländischen Führerscheine gefälscht.

In der Fahrschule erhielten mehrere Dutzend Fußballprofis vor allem aus Südamerika zwischen 2003 und 2006 ihre deutschen Führerscheine ohne korrekte Prüfung, darunter nach Angaben der Staatsanwaltschaft Marcelinho, der Bremer Diego und der frühere Leverkusener Roque Junior. Ausländer aus Staaten jenseits der EU müssen in Deutschland erneut eine Prüfung ablegen, wenn sie hier länger als ein halbes Jahr Auto fahren wollen - auch wenn sie in ihrem Heimatland bereits den Führerschein gemacht haben.

Fußballer bekamen nichts mit

Dass bei den Prüfungen nicht alles mit rechten Dingen zuging, bekamen die Profisportler nach Ermittlungen der Staatsanwaltschaft aber nicht mit. "Sie wussten nicht, dass da etwas Unrechtes dahinter steht", sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Joachim Geyer, am Donnerstag. Die Fußballer hätten in der Regel keine Kenntnisse über das deutsche Rechtssystem in diesem Bereich gehabt. Auch davon, dass ihre Unterschriften teilweise gefälscht wurden oder Geld geflossen sei, hätten die prominenten Profis nichts mitbekommen.

Richter, Staatsanwaltschaft und Verteidigung einigten sich auf einen Deal, um einen langwierigen Prozess zu vermeiden. Es sei abgesprochen, dass die Angeklagten nicht hinter Gitter müssten, wenn sie im Gegenzug glaubwürdige Geständnisse ablegten, sagte der Vorsitzende Richter August-Wilhelm Marahrens. "Wir wären sonst für 2009 lahmgelegt gewesen."

In schriftlichen Erklärungen, die von ihren Anwälten verlesen wurden, gaben beide Angeklagten fünf Fälle von Korruption zu. Der Fahrlehrer habe jeweils 500 Euro dafür bezahlt, dass der Tüv-Mitarbeiter Prüfungsbescheinigungen ausstellte, obwohl keine ordnungsgemäßen Prüfungen stattgefunden hatten. "Sie haben ein Korruptionssystem aufgebaut", bescheinigte Richter Marahrens den Angeklagten.

"Liebe zum Fußball" bewegte Fahrlehrer dazu

Nach den Worten seines Verteidigers war der Fahrlehrer durch seine übergroße Liebe zum Fußball in die Affäre hineingerutscht. Er habe vor Jahren den damaligen Dortmunder Profi Dédé kennengelernt. "Der war der Einstieg." Über den Brasilianer habe er Kontakt zu weiteren Profis vor allem aus Südamerika bekommen, die allesamt ihre ausländischen Führerscheine in deutsche umschreiben lassen mussten.

Zu den Kunden des Fahrlehrers gehörten nach Angaben der Staatsanwaltschaft unter anderem Sejad Salihovic (Hoffenheim), Marcelinho, Menseguez und Quiroga, (alle drei früher Wolfsburg), Diego Klimowicz (Dortmund) oder Solomon Okoronkwo (früher Hertha BSC).

Dass es bei den Prüfungen in Northeim nicht immer mit rechten Dingen zuging, gaben beide Angeklagten auch im Detail zu. Diego zum Beispiel habe seine theoretische Prüfung in einem Hotel abgelegt und die Antworten nach Kopfnicken des TÜV-Mitarbeiters eingetragen. Eine praktische Prüfung gab es nicht. Trotzdem testierte der Tüv-Mann das erfolgreiche Bestehen. (ut/dpa)

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