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Fahndung

© dpa

Fahndung nach Ausbrecher: Dem Mörder auf der Spur

Seit mehr als vier Tagen ist Peter Paul Michalski auf der Flucht – je länger sie dauert, desto unberechenbarer kann der Mann werden.

Zuerst Mülheim, jetzt Bielefeld – mit Maschinenpistolen im Anschlag kontrollieren Polizisten in den Straßen. Immer wieder gibt es Spuren des Gesuchten, vermeintliche oder echte. Da wird eine Tasche gefunden, irgendein Passant will ihn gesehen haben. Es ist wie eine Schnitzeljagd, mit vielen Spurenfetzen, Gerüchten.

Die Polizei jagt den Mörder Peter Paul Michalski. Vier Tage nach seiner spektakulären Flucht aus dem Aachener Gefängnis konzentrierte sich die Suche am Montag auf Bielefeld und die ostwestfälische Heimat des 46-Jährigen. „Wir haben zahlreiche Hinweise und suchen mit Hochdruck“, sagt ein Sprecher. Möglicherweise sei der als besonders brutal geltende Schwerverbrecher mit dem Zug von Mülheim nach Bielefeld geflohen. Am Hauptbahnhof waren auch Spürhunde im Einsatz, die die Fährte von Michalski aufgenommen hatten. Über der Innenstadt kreiste zeitweilig ein Hubschrauber.

Für Bielefeld als Fluchtziel spräche die Ortskenntnis des Täters: Michalski stammt aus dem nur 15 Kilometer entfernten Herford. Zahlreiche Taten seines langen Strafregisters hat er hier verübt.

Zuletzt erschoss er 1993 im Hafturlaub in Bielefeld einen Mittäter und verschwand danach wieder hinter Gittern. Ob er nach der langen Haftzeit noch Kontakt zu früheren Bekannten hat und wie eng der Draht zu Verwandten in Ostwestfalen ist, will die Polizei nicht preisgeben. Von „Bezugspunkten“ Michalskis ist die Rede. Mehr Informationen gibt es aus ermittlungstaktischen Gründen zunächst nicht. Die Wohnungen von alten Freunden des Mörders wurden überwacht.

Trotz der intensiven Suche der Polizei war die Stimmung in Bielefeld eher gelassen. Das war zuvor in Mülheim noch anders gewesen, als die Bewohner Angst haben mussten, spontan als Geiseln herhalten zu müssen.

Bielefeld ist anders. „Na, sucht ihr den Verbrecher jetzt auch hier“, fragt ein Passant einen Fotografen, der Polizisten bei der Arbeit ablichtet. Doch wenn sich der Verdacht bestätigen sollte, dass der bewaffnete und brandgefährliche Verbrecher durch die Straßen läuft, kann die Stimmung kippen.

Als in Mülheim die Nachricht durchdringt, dass er jetzt in Bielefeld gesucht wird, hört man erleichtertes Seufzen: „Wir sind ihn los.“ In Mülheim hat die Polizei ihre Straßensperren schon am späten Sonntagabend abgeräumt. Möglich also, dass sich in den Morgenstunden eine Lücke fand, um aus dem Haus auf den Bahnsteig zu schlüpfen; es wäre ein Katzensprung. Es gibt eine direkte Verbindung mit einem ICE um 2 Uhr 40, keine anderthalb Stunden braucht der bis nach Bielefeld. Der erste Regionalzug fährt durchgehend erst um 7 Uhr 20 – da wird es schon hell. Just um diese Zeit sickert durch, dass die Polizei jetzt im Westfälischen sucht. Das ganze Wochenende schon hat sie dort und in der Umgebung Wohnungen beobachtet, Kontaktpersonen observiert, heißt es. Bloß kann der gebürtige Herforder viel Kontakt nicht mehr gehabt haben; er saß ja schon seit mehr als 20 Jahren in Haft, fast sein ganzes Erwachsenenleben.

Die Polizei warnt: „Nach wie vor gefährlich“, sei der Mann, an den sie inzwischen via TV appelliert haben: „Herr Michalski, geben Sie auf.“

Gewalttäter auf der Flucht werden unter dem zunehmenden Stress unberechenbar. Je länger die Flucht dauere und je stärker der Druck werde, desto größer werde die Wahrscheinlichkeit, dass der Täter aus dem Ruder laufen könne, sagte der Euskirchener Psychologe Uwe Wetter am Montag der dpa. „Der Flüchtige ist allein. Er kann sich nicht ausruhen, weil er sich nirgends sicher fühlen kann.“ Dieser Stress könne sich irgendwann entladen. „Das heißt zunächst, dass er Überfälle begehen könnte, um an Geld zu kommen oder dass es zu weiteren Geiselnahmen kommt“, sagte Wetter, der Gewaltverbrecher therapiert und in Prozessen Gutachten erstellt. Bislang habe sich Michalski relativ besonnen verhalten, sagte Wetter. „Es flieht niemand, der der Meinung ist, dass es sich nicht lohnt. Diejenigen, die nur eine ,finale Lösung‘ suchen, verhalten sich anders.“ mit dpa

Annika Fischer[Bielefeld]

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