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Marco

© dpa

Fall Marco: Anwälte von Marco W. wollen EU-Gericht für Menschenrechte einschalten

Das Gerichtsverfahren im türkischen Antalya wurde erneut vertagt. Der 17-Jährige muss wohl über Weihnachten in Haft bleiben. Schuld daran sei auch die Aussage des Mädchens, von der jetzt erste Details bekannt wurden.

Der deutsche Schüler Marco muss weiter in türkischer Untersuchungshaft ausharren. Nachdem der Missbrauchprozess gegen den 17-Jährigen heute erneut vertagt wurde, kündigten seine Anwälte den Gang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Straßburg an. Marcos türkischer Anwalt kündigte einen abermaligen Einspruch gegen die Untersuchungshaft an. "Wir werden Widerspruch einlegen", sagte der Jurist Mehmet Iplikcioglu. Das Gericht in Antalya will den Prozess am 20. November fortsetzen.Sein Mandant werde bei der Fortsetzung des Verfahrens schon siebeneinhalb Monate hinter Gittern verbracht haben. Ein erster Einspruch der Verteidigung war vor wenigen Wochen abgeschmettert worden.

Marco wird vorgeworfen, die 13-jährige Britin Charlotte im Osterurlaub missbraucht zu haben. Der Junge bestreitet dies. Charlottes Anwalt legte dem Gericht die Aussage des Mädchens vor. Darin bekräftige sie den Vorwurf, Marco habe sie vergewaltigt, sagte Anwalt Ömer Aycan.

Charlotte spricht von "Vergewaltigung"

"Wir werden jetzt den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte einschalten", sagte Marcos Anwalt Michael Nagel in Antalya. Dazu müsse zuvor eine erneute Beschwerde gegen die Fortdauer der Untersuchungshaft eingelegt werden. Weise die türkische Justiz die Beschwerde abermals ab, sei der Weg frei für den Gang zum Europäischen Gerichtshof. Marcos Anwälte erklärten, sie müssten den Jungen jetzt darauf vorbereiten, dass er auch über die Weihnachtsfeiertage in Haft bleibe. Sie riefen Charlottes Mutter auf, mit ihnen Kontakt aufzunehmen, um der Situation eine Ende zu bereiten.

Charlotte war nach einem Rechtshilfeersuchen Anfang Oktober in ihrer Heimat vernommen worden. Das Gericht in Antalya erklärte, dass es auf die auf dem Amtsweg übermittelten und ins Türkische übersetzten Vernehmungsprotokolle warten müsse. Die von dem Anwalt vorgelegte 170-seitige Vernehmung von Charlotte sowie ihrer Schwester und ihrer Mutter habe das Gericht nicht verwenden können. Die Dokumente - alleine die Vernehmung Charlottes füllte 143 Seiten - waren ohnehin in englischer Sprache verfasst. Wie Anwalt Aycan sagte, habe Charlotte in ihrer Aussage ihre Vorwürfe gegen Marco bekräftigt. "Das Wort Vergewaltigung kommt darin vor."

"Wir sind erschüttert"

In Marcos Heimatstadt Uelzen machten Bekannte und Unterstützer unterdessen mit einer Mahnwache auf die Situation des Jugendlichen aufmerksam. Seit Donnerstagabend harren mehrere Dutzend Menschen in einem beheizten Zelt aus. "Schluss mit der Qual eines Unschuldigen" und "Gerechtigkeit heute" stand auf einigen der Transparente. "Wir sind erschüttert", sagte ein Mitglied der Initiative "Freiheit für Marco", als der Gerichtsentscheid in Uelzen bekannt wurde. Marcos 20 Jahre alter Bruder Sascha reagierte erschüttert auf die Nachricht.

Marco und Charlotte hatten sich während des Osterurlaubs im südtürkischen Badeort Side kennengelernt. Nach einem gemeinsamen Disco-Abend landeten beide mit anderen Jugendlichen in Charlottes Hotelzimmer. Dort sei es auf Initiative von Charlotte, die sich zudem als 15-Jährige ausgegeben habe, zu Zärtlichkeiten gekommen, erklärte Marco später. Nach Charlottes Darstellung habe sie bereits geschlafen, als es zu Dingen kam, mit denen sie nicht einverstanden war. Nach einer Anzeige von Charlottes Mutter, die in einem separaten Hotelzimmer einquartiert war, wurde Marco noch im Hotel festgenommen. (mit AFP/dpa)  

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