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Panorama: Fanatisches Verlangen

Verschmähte terrorisieren immer häufiger

Berlin Erst waren es Briefe, dann Liebesschwüre auf dem Anrufbeantworter. Schließlich kamen die ersten Selbstmorddrohungen. „Anfangs fühlte ich mich schuldig und kümmerte mich um meinen Ex- Freund, da wir uns nach zehn Jahren getrennt hatten“, erzählt die 35-Jährige, die ihren Namen aus Angst erkannt zu werden, nicht nennen will. „Doch ich merkte schnell, dass ich ihm nicht helfen konnte und hatte Angst, dass er mich mit in den Tod nehmen will und alles eskaliert.“ Da sie sich bedroht fühlte, sah sie keinen anderen Weg, als den Wohnort und die Arbeitsstelle zu wechseln.

„Stalking beginnt mit Belästigungen, dem Verfolgen und Überwachen der Opfer, kann aber bis zu körperlicher Gewalt, Vergewaltigung und sogar Mord führen“, erklärt Kriminalpsychologe Jens Hoffmann diesen in Deutschland immer noch relativ neuen Begriff. Seit 2002 erforscht er Stalking (aus dem Englischen: Sich-Anpirschen) an der Technischen Universität Darmstadt und betreut Opfer. In mehr als 40 Prozent der Fälle wurden die Täter gewalttätig, wenn ihre zwanghafte Verehrung endgültig in wilden Hass umschlug.

Die Opfer von zwanghafter Verfolgung sind bei weitem nicht nur Prominente wie Claudia Schiffer oder Madonna, sondern auch ganz normale Menschen. Zwölf Prozent der Bundesbürger wurden bereits einmal Opfer von Nachstellungen, hat das Mannheimer Zentralinstitut für Seelische Gesundheit herausgefunden, wie der „Spiegel“ in seiner neuen Ausgabe berichtet.

Die Opfer werden nach Ansicht von Wissenschaftlern oft alleine gelassen. Auch juristisch sei den Stalkern nur schwer beizukommen: Das Strafrecht kann erst dann richtig wirksam eingreifen, wenn es bereits zu einer Straftat gekommen ist.

Lange wurde Stalking als „Beziehungsproblem“ abgetan. Doch in vielen Orten werden Mitarbeiter der Polizei inzwischen für das Thema sensibilisiert. „Wir beraten Betroffene mit praktischen Hinweisen: geheime Telefonnummer, Geschenke ablehnen, Briefe wegwerfen und den Kontakt abbrechen“, sagt die Berliner Polizeipsychologin Marion Kranz. dpa

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