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Panorama: Feuer unter Wasser

Der Brand im Kanaltunnel bleibt ohne schwerwiegende Folgen – die Angst vor einem Terroranschlag bleibt

Von Markus Hesselmann

Die offizielle Mitteilung des Tunnelbetreibers klang wie eine der lakonischen Lautsprecher-Durchsagen, wenn mal wieder wie so oft eine U-Bahn in London liegen geblieben ist: „Wegen eines Vorfalls im Eurotunnel ist der Verkehr zeitweilig unterbrochen.“ Der „Vorfall“ aber, um den es hier geht, ruft gleich eine ganze Reihe menschlicher Urängste hervor: das tiefe schwarze Loch, Wassermassen, Feuer. Urängste, die viele Menschen trotz allen Vertrauens in die moderne Technik vor der Fahrt durch den Kanaltunnel zwischen London und Paris oder Brüssel zurückschrecken lassen. Am Donnerstagnachmittag nun wäre es unter dem Ärmelkanal fast zur Katastrophe gekommen: Einige Kilometer hinter Calais geriet ein Güterzug in Brand.

Es ist noch einmal gutgegangen: Die Evakuierung des Zuges und des Tunnels lief glatt. Zu diesem Zweck verfügt der Eurotunnel über eine gesonderte dritte Röhre. An Bord des betroffenen Güterzuges waren nur 32 Menschen. Die ohnehin geringe Zahl der Leichtverletzten, meist Lastwagenfahrer, wurde am Freitag sogar noch nach unten von zwölf auf sechs korrigiert. Französische und britische Feuerwehrleute löschten den Brand am Freitag. Und es sah am Nachmittag so aus, als könne der Verkehr bald wieder aufgenommen werden. Zumindest in der vom Feuer nicht betroffenen der beiden Fahrtröhren.

Doch die Angst bleibt, vor allem vor einem terroristischen Anschlag im Tunnel. Britische Medien brachten am Freitag Berichte von Augenzeugen, die Explosionen gehört haben wollten. Der genaue Grund für das Feuer blieb dabei zunächst unklar. Das betroffene, 300 Meter lange Tunnelstück müsse zunächst abkühlen, bevor Untersuchungen möglich seien, hieß es. An der Unfallstelle herrschten Temperaturen bis zu 1000 Grad. Ein Laster der die giftige Chemikalie Phenol an Bord hatte, soll nach Behördenangaben nicht in Brand geraten sein. Für die Briten ist ein Anschlag in einem Unterwassertunnel kein allzu weithergeholtes Szenario. Vor zwei Jahren kamen Pläne islamistischer Terroristen ans Licht, einen U-Bahn-Tunnel unter der Themse durch eine Bombenexplosion einstürzen und überfluten zu lassen.

Neben der urmenschlichen Angst bleibt die Sorge um die Folgen einer Sperrung des Eurotunnels für Verkehr und Wirtschaft. Laut den Tunnelbetreibern drohen in den kommenden Wochen zumindest Einschränkungen. Schon einmal musste der Zugverkehr zwischen London und dem Kontinent für Monate heruntergefahren werden. Das war 1996, zwei Jahre nach Eröffnung des Tunnels, wegen starker Schäden ebenfalls nach einem Brand. Ohnehin steckten die Betreiber damals in finanziellen Schwierigkeiten. Inzwischen aber hat sich die Zugverbindung etabliert, vor allem auf Kosten des Flugverkehrs. 2007 wurde die Verbindung durch die neue Hochgeschwindigkeitsstrecke auf britischer Seite und den neuen Startbahnhof St. Pancras noch einmal aufgewertet.

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