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Gestrandet in Thailand: Standby in Bangkok

Tagesspiegel-Chefkorrespondentin Tissy Bruns saß wegen des europäischen Flugverbots in Thailand fest. Vom Warten in Bangkok - und Fliegen nach München. Ein Situationsbericht, Teil III und Schluss.

Tag fünf. Standby in Bangkok. Wieder ein früher Aufbruch. „Same procedere as yesterday“, sagen wir an der Rezeption. Wie am Mittwoch starten wir mit gepackten Koffern zum Flughafen. Und nach der ernüchternden Erfahrung des Vortags rechnen wir damit, das Gepäck am Mittag wieder ins Hotel zurück zu befördern. „Today, we are fully booked,“ heißt es erst. Wir seufzen, dann müssen wir vielleicht ins dritte Hotel. „You can come back“, sagt die junge Frau beruhigend. Nett. Aber hoffentlich nicht nötig.

Der Taxifahrer hat freie Bahn. Wunderbar! Gestern abend, als wir zur Verabredung mit unserem Sohn gefahren sind, sind wir in die Tücken der abendlichen Rush Hour geraten. Eine halbe Stunde für die Strecke zwischen zwei Skytrain-Stationen, über eine Stunde für eine 8 km-Fahrt. Es geht nicht vorwärts, es ist laut, stickig und vor allem unausweichlich. Die lange Stunde im Taxi illustriert unsere Lage. Gefangen in Bangkok, keine Handlungsmöglichkeit. Zum ersten mal in diesen Tagen bin ich richtig genervt. Mein Sohn sieht mich etwas irritiert an, als ich im „Olive Keeper“, Junge-Leute-Stammlokal seiner kleinen Praktikanten-Community, entschieden und auf der Stelle gleich zwei Gin Tonic verlange. Sonst trinke ich gar keinen Gin und zum Glück wird mir auch nur einer gebracht. Es ist megaheiß, 38 Grad, der Abend kühlt hier nicht. Und schon legt sich wieder jene unvergleichliche Gelassenheit über uns, die sich eben einstellt, wenn jede Bewegung dicke Tropfen von der Stirn rieseln lässt. Unser Sohn und seine Freunde sagen „Ach“ und „Oh“, als wir erzählen, dass am Morgen im zweiten Flugzeug von Airberlin nur neun Glückliche von über 1000 Gestrandeten nach Deutschland reisen durften. Sie staunen, nicht anders als unsere Freunde und Kollegen zuhause, mit denen wir an diesem Tag telefoniert haben. Es läuft doch wieder! Alle gehen davon aus, dass unsere Probleme gelöst sind: „Na, jetzt seid ihr ja zurück. Oder erst morgen?“

Drei Airberlin-Maschinen starten am Donnerstag nach Düsseldorf, München, Berlin, nicht nur eine wie gestern. Auch Thai-Airlines, als Lufthansa-Kooperationspartner die zweite große Fluggesellschaft für deutsche Touristen, fliegt wieder. Same procedere auch am Flughafen. Eine lange Schlange der regulär für heute gebuchten Passagiere schiebt die Koffer zur Abfertigung. Daneben, an G14, die Wartegemeinschaft der Gestrandeten der vier gestrichenen Flüge vom 17. bis zum 19. April. Gestern war es deutlich voller – ein gutes Zeichen? Irgendwo sieht man Herrn Magiera, Bangkok-Chef von Airberlin und seinen Praktikanten. Magiera ist deutlich entspannter als gestern, vielleicht, so hofft er, kommt doch bald eine Sondermaschine. Den dritten Tag in Folge, erzählt er meinem Mann, arbeitet sein Team jetzt von zwei Uhr nachts an. Und sie sehen immer noch so unglaublich zart und perfekt aus, denke ich, diese jungen Thailänderinnen an den Countern. Unsereiner wirkt inzwischen ja doch ein wenig derangiert.

Dann die wirklich gute Nachricht. Im frühen Flug nach Düsseldorf sind 60 Gestrandete untergekommen. Die Warteliste von „17“ ist abgetragen, bestätigt der Praktikant. Und wir sind „18“, also unter denen, die eigentlich am letzten Sonntag fliegen wollten und jetzt als nächste dran sind. Wider Erwarten doch ein Hoffnungsschimmer. Holger und Susanne aus Bremen sind auch „18“, vielleicht, vielleicht...

„Wann ist nochmal Verlosung?“ frage ich meinen Mann. „Halb neun, wenn alle regulären Passagiere eingecheckt sind.“ Noch zwanzig Minuten, noch zehn, Hoffnung kann man nicht dämpfen. Also werden Anekdoten ausgetauscht. Über Hotelwechsel zum Beispiel. Holger und Susanne sind umgezogen, als ihr Hotel den Preis für das Zimmer fast verdoppelt hat. Das hören wir nicht zum ersten Mal.

Und tatsächlich! Wir sind dabei! Dann Holger und Susannne. Schnell durch die Abfertigung, wir bekommen gar nicht mehr mit, wie viele diesmal mitfliegen können. Das Flugzeug ist bis auf den letzten Platz besetzt. Die Stewardessen, die ich später frage, schätzen, dass es vielleicht zwanzig sind. In der ersten deutschen Zeitung seit Tagen lesen wir erstaunt, dass gestrandeten Passagieren von den Fluggesellschaften Hotel- und andere Kosten in Maßen erstattet werden. Wir haben keinen getroffen, der nicht alles selbst zahlen musste. Wie wir nach Berlin kommen, heute oder erst morgen, wissen wir nicht. Das erste Ziel heißt München. In Bangkok sind noch viele Gestrandete, die nicht wissen, wann sie wieder in Deutschland sind.

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