zum Hauptinhalt

Gesundheit: Absolventen der Brandenburger Polizei-Fachhochschule bereiten sich auf die interkulturelle Arbeit vor

Man stelle sich das einmal vor: Da wird man mit ein paar Kollegen in ein fremdes Land geschickt. Nicht freiwillig.

Man stelle sich das einmal vor: Da wird man mit ein paar Kollegen in ein fremdes Land geschickt. Nicht freiwillig. Du sollst eine Brücke bauen. Die Aufgabe ist wichtig. Sie ist zu erledigen. Professionell, kompetent und zügig. Aber du hast keine Ahnung, was dich erwartet. Die Menschen im fremden Land sehen seltsam aus. Sie tragen Turbane und Kopftücher. Sie benehmen sich merkwürdig. Sie haben ihre eigenen Verhaltensregeln, aber du kennst sie nicht. Einer legt dir ununterbrochen die Hand auf die Schulter. Das ist ungewohnt. Du weißt nicht, ob sie die deutsche Sprache sprechen. Also fängst du an, lauter zu sprechen, deutlicher, in albernem Kinderdeutsch.

Eine Situation aus dem Rollenspiel. Die Trainer vom "Büro gegen Diskriminierungen in Berlin und Brandenburg" üben mit angehenden Polizisten des Landes Brandenburg. Das Projekt "Polizei für interkulturelle Verständigung", setzt eine EU-Aktion von Nichtregierungsorganisationen und Polizei gegen Vorurteile aus dem vergangenen Jahr fort. In Workshops erfahren die Polizeistudenten, wie Vorurteile und kulturelle Unterschiede die Beziehung zwischen Polizist und Opfer oder Täter beeinflussen können. Wenn auch die Studenten vermeintlich "jeden gleich behandeln" - geht es jedem Polizeibeamten doch ähnlich wie im Rollenspiel, sobald er mit Menschen aus anderen Kulturen zu tun hat. "Man erschrickt vor sich selbst, wenn man feststellen muss, wie Unsicherheit und Nichtwissen die Kommunikation verändern", beschreibt die angehende Kommissarin Edda Schumacher ihr Erlebnis. Nicht gerade hilflos habe sie sich gefühlt, aber doch sehr unbeholfen. Und manchmal genervt. Weil alles so viel schwieriger ist, wenn man nicht weiß, welche Regeln in diesem Spiel gelten.Das führt leicht zu Diskriminierungen und erschwert die Arbeit. Dagegen sind es oft schon Kleinigkeiten, wie das Einhalten von Höflichkeits- und Begrüßungsregeln, durch die man mögliche Aggressionen abbaut und Konflikte leichter löst. Schließlich sind die Alltagssituationen nie normal, in denen die Polizei aktiv werden muss. "Man hat es immer mit Opfern oder Tätern zu tun. Und meist ist die Auseinandersetzung mit dem Täter viel intensiver", erläutert Edda Schumacher. Das prägt.

Auch einschlägige Berufserfahrung kann so zu einem neagtiven Menschenbild führen. Für Manfred Siegert, Dezernent an der Brandenburger Fachhochschule der Polizei in Basdorf, ist es deshalb wichtig, dass das bestehende Programm nicht nur im mittleren und gehobenen Dienst zum festen Bestandteil der Ausbildung wird, sondern auch in die Fortbildung der 8500 Brandenburger Polizeibeamten integriert wird. Er wünscht sich auch mehr Beamte mit ausländischer Herkunft oder doppelter Muttersprache. Außerdem ist geplant, den Austausch mit dem Nachbarland Berlin zu verstärken. Schließlich sind in der Hauptstadt mit ihren typisch großstädtischen sozialen Problemen und einem sechsmal höheren Ausländeranteil interkulturelle Kompetenzen enorm gefragt. Ausgerechnet das skandalgeschädigte Brandenburg, das in jüngster Zeit immer wieder durch fremdenfeindliche Gewalttaten und Übergriffe der Polizei in die Schlagzeilen geriet, könnte so zum Vorbild für andere Bundesländer werden.

Ein "dickes Lob" sprach deshalb die Ausländerbeauftragte des Landes Brandenburg, Almuth Berger, dem Basdorfer Polizeiprojekt aus. Es sei zu wünschen, dass die Polizei hier beispielhaft vorangehe, und der Erwerb interkultureller Kompetenzen bald zum ganz gewöhnlichen Teil jeder Ausbildung im öffentlichen Dienst werde. Schließlich gehört der Umgang mit Nichtdeutschen, seien es Flüchtlinge, Immigranten, Touristen oder europäische Nachbarn, zum Alltag - besonders auf Ämtern und Behörden. Und nicht nur im Land Brandenburg.

Sonja Bonin

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false