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Gesundheit: Am eigenen Leib

Durch Selbstversuche kam Hahnemann auf sein Heilprinzip

Was ist das Besondere an dem Provinz- Arzt, der selbst im hohen Alter noch Patienten in Scharen anzieht? Samuel Hahnemann ist Anfang des 19. Jahrhunderts etabliert. Er ist Leibarzt des Herzogs von Anhalt-Köthen. Und doch gilt er als Außenseiter. Genau das macht seine Anziehung aus. Von seiner „sanften“ Therapie, der Homöopathie, erhoffen sich die Patienten bessere Behandlung. Sie sind enttäuscht von der Schulmedizin, die damals zur Ader lässt, Klistiere einführt und große Dosen von Arzneimitteln verabreicht.

Sogar aus dem Ausland strömen die Menschen in die Köthener Praxis. An einem Oktobertag 1834 kommt die Pariser Malerin Mélanie d’Hervilly, die seit drei Jahren unter quälenden Bauchschmerzen leidet. Nun hofft sie auf den 79-jährigen Hahnemann, dessen Bücher sie in französischer Übersetzung gelesen hat. Der Witwer verliebt sich in die 45 Jahre jüngere Adelige. Sie ziehen nach Paris, wo Hahnemann bis zu seinem Tod im Jahre 1843 weiter erfolgreich praktiziert. Seine alternative Heilmethode, die er seit 1807 als „Homöopathie“ bezeichnet, verbreitet sich auch nach seinem Tode weiter.

Das Prinzip hat der 1755 in Meißen geborene Sohn eines Porzellanmalers bereits 1790 entdeckt, als er von der heilenden Wirkung der Chinarinde bei Malaria las. Er probierte das Mittel selbst aus und bekam prompt Fieber. Das brachte ihn auf den Grundsatz der Homöopathie, Ähnliches mit Ähnlichem zu heilen. Später kam die Erkenntnis hinzu, dass kleine Mengen von Arzneimitteln besonders wirksam seien. Das führte zum Verdünnungsprinzip.

Hahnemann hatte in Leipzig und Erlangen Medizin studiert. Nach der Promotion im Jahre 1779 wechselte er häufig Wohn- und Wirkungsort, auch nach der Heirat mit der Apothekertochter Johanne Küchler, mit der er elf Kinder hatte. Hahnemann sah die etablierte Medizin zunehmend skeptisch. Als er 1789 nach Leipzig zog, hatte er sich vom Arztberuf weit gehend zurückgezogen und ernährte seine Familie durch Schreiben und Übersetzen. Er beherrschte acht Sprachen.

Nachdem er auf das Ähnlichkeitsprinzip gestoßen war, ließ er sich sechs Jahre Zeit, bevor er es 1796 in einem Zeitungsartikel veröffentlichte. In der Zwischenzeit – er praktizierte jetzt wieder als Arzt – überprüfte er seine Erkenntnis immer wieder. Sein Hauptwerk, „Organon der rationellen Heilkunst“, erschien 1810. Zwei Jahre später wurde er Professor in Leipzig.

Als ihm die Arzneimittelherstellung verboten wurde, zog er nach Köthen. Spätestens nach dem Umzug nach Paris verbreitete sich sein Ruhm auch im Ausland. In Neapel und Lyon gab es bald homöopathische Ärzte.

Der Nachlass Hahnemanns, seiner Frau Mélanie sowie der wichtigsten Schüler befindet sich im Stuttgarter Institut für Geschichte der Medizin der Robert-Bosch-Stiftung. Bemerkenswert sind Manuskripte und Krankenjournale Hahnemanns sowie mehr als 5400 an ihn gerichtete Patientenbriefe.

Paul Janositz

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