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Gesundheit: Antibiotika-Resistenz: Welche Folgen hat die Nutzung gentechnisch veränderter Pflanzen?

Antibiotika sind aus der modernen Medizin nicht wegzudenken. Sie sind Mittel der Wahl bei schweren Infektionen und oftmals lebensrettend.

Antibiotika sind aus der modernen Medizin nicht wegzudenken. Sie sind Mittel der Wahl bei schweren Infektionen und oftmals lebensrettend. Einige gentechnisch veränderte Pflanzen aber enthalten Antibiotika-Resistenzgene. Diese Erbanlagen schützen ihren Träger vor Antibiotika. Der großflächige Anbau solcher Pflanzen könnte also theoretisch zur Folge haben, dass im Boden oder im Wasser lebende Bakterien diese Gene ihrerseits in ihr Erbgut aufnehmen. Es könnten neue Mikroorganismen entstehen, die vielen Antibiotika trotzen. Da nach heutigem Verständnis die weltweite Ausbreitung der Antibiotika-Resistenz im Wesentlichen ein ökologisches Problem ist, könnte die Entstehung resistenter Mikroorganismen im Umfeld landwirtschaftlich genutzter Gebiete langfristig zu einem ernsten infektionsmedizinischen Problem werden.

Doch warum müssen genmanipulierte Pflanzen überhaupt Erbgut enthalten, das etwas mit Antibiotika zu tun hat? Wenn eine Pflanze neue Gene erhalten soll, die ein besseres Wachstum oder eine Unempfindlichkeit gegen bestimmte Schädlinge garantieren, so funktioniert die künstliche Genübertragung nur selten.

Um erfolgreiche Genübertragungen von fehlgeschlagenen unterscheiden zu können, wird mit den wichtigen Genen auch die Erbinformation für Enzyme übertragen, die bestimmte Antibiotika außer Gefecht setzen. Solche Setzlinge wachsen in Nährmedien, die diese Antibiotika in hoher Konzentration enthalten. Pflanzen mit unverändertem Erbgut können das nicht. Daher ist der Einbau eines Antibiotika-Resistenzgens ein technischer Kniff, um Pflanzen mit gelungener Genmanipulation auswählen zu können.

Derzeit werden sieben verschiedene DNS-Sequenzen in transgene Pflanzen eingebaut, die Resistenzen gegen so wichtige Antibiotika wie Ampicillin, Tetrazyklin und Amikacin enthalten.

Dass eine Agrarpflanze eine solche Erbinformation enthält, ist aber noch kein Beweis für eine Gesundheitsgefährdung. Ein Risiko bestünde nur, wenn diese Gensequenz auf dem Feld erhalten bleibt und in Wasser oder Erde gelangt, in denen Bakterien vorkommen, die fremdes Erbgut aufnehmen können. Die Erbinformation DNS muss aber nicht nur in das Bakterien- Erbgut integriert werden, sondern auch aktiv sein und von einer Bakteriengeneration zur nächsten weitergegeben werden. Erst wenn die Ereigniskette abgelaufen ist, könnte das Resistenzgen zu einer Bedrohung für den Menschen werden.

Die europäische Agentur für Lebensmittelsicherheit EFSA hat kürzlich mögliche Gesundheitsgefährdungen durch Antibiotika-Resistenzgene bewertet. Das EFSA- Gremium für die Sicherheit genveränderter Organismen kommt zu dem Schluss, das nptII-Gen, das die Resistenz gegen die Antibiotika Kanamycin, Neomycin und Paramomycin vermittelt, stelle kein Gesundheitsrisiko dar. Dieses Gen ist natürlicherweise in zahlreichen Bakterien zu finden, die in der Umwelt vorkommen und den menschlichen Darm besiedeln.

Zu einer identischen Schlussfolgerung kommen Philippe Gan und Stephen Gillespie, zwei Mikrobiologen vom University College in London. Die beiden Forscher haben sämtliche Studien ausgewertet, die den Weg pflanzlicher Antibiotika-Resistenzgene verfolgt haben. Daten aus Freilanduntersuchungen mit verschiedenen Arten transgener Pflanzen, unterschiedlichen Böden und Klimata, in denen der Weg des Resistenzgens vom Labor bis zum Erdboden analysiert wurde, gibt es allerdings nicht. Bisherige Studien beschäftigten sich nur mit einzelnen Schritten der mikrobiologischen Ereigniskette. Dennoch kommen die beiden Mikrobiologen durch die Kombination von Teilwahrscheinlichkeiten zu dem Schluss, dass das Gesundheitsrisiko durch den Anbau von genveränderten Pflanzen vernachlässigbar klein ist. Die treibende Kraft bei der globalen Ausbreitung von Antibiotika-Resistenz, so die beiden Wissenschaftler, sei nach wie vor die unkritische Verschreibungspraxis von Antibiotika durch Ärzte und die unsachgemäße Anwendung der Medikamente bei der Massentierhaltung.

Das sagt auch Joachim Schiemann von der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft in Braunschweig. „Nach allem, was wir wissen“, sagt der Experte für biologische Sicherheit, „stellt das nptII-Resistenzgen kein Gesundheitsrisiko für den Menschen dar.“

Aber es gibt auch Antibiotika-Resistenzgene, bei denen das anders aussieht. Diese Gensequenzen kodieren Enzyme, die Antibiotika wie Ampillicin, Streptomycin und Chloramphenicol inaktivieren und als potenziell gesundheitsgefährdend gelten. Genmanipulierte Pflanzen mit diesen Markergenen sollen laut ESFA im Freiland nur zu Forschungszwecken angebaut und nicht vermarktet werden.

Die Zucht genmanipulierter Pflanzen einer dritten Kategorie ist grundsätzlich nur unter kontrollierten Bedingungen im Labor erlaubt. In diese Gruppe gehören Resistenzgene gegen Tetrazykline und Amikazin. Diese Antibiotika sind für die Infektionsmedizin essenziell oder stellen ein wichtiges Reservemedikament dar.

Nach Ansicht von Schiemann sind Antibiotika-Resistenzgene mittlerweile überflüssig. Es gebe bereits andere Techniken, um erfolgreich veränderte Pflanzen von Fehlversuchen zu unterscheiden.

Hermann Feldmeier

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