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Gesundheit: Bergsteigen im Bauch

Geburtstag eines Geburtshelfers: Zum 60. von Joachim Dudenhausen

Großer Bahnhof mit Musik und munteren Reden in der Berliner Charité: Dekan Dudenhausen feierte seinen Sechzigsten und alle kamen – bis hin zu feingemachten Winzlingen an mütterlicher Hand, die dem Jubilar ihr Leben danken.

Denn Joachim Wolfram Dudenhausen ist Geburtshelfer und Perinatalmediziner der ersten Stunde. Komplikationen „um die Geburt herum“ zu beherrschen, hat der heutige Direktor der Charité-Geburtsmedizin seinerzeit bei Erich Saling gelernt, dem Pionier der Perinatalmedizin. Und er hat sich sehr früh mit Erfolg für die Qualitätssicherung in seinem Fach eingesetzt. Mit zahlreichen Publikationen heimste er wissenschaftlichen Ruhm ein.

Dudenhausen beschränkte sich aber nie auf die Wissenschaft, hat Forschung, Lehre und Versorgung immer gleich wichtig genommen, ist seit eh und je in der Hochschulpolitik aktiv und zudem Gründer und Vorsitzender der „Stiftung für das behinderte Kind“. Als seine Leitmotive nannte er jetzt selbst: „Führung, Verlässlichkeit, Vertrauen.“ Immer arbeitete er in Berlin, bis auf ein Intermezzo in der Geburtshilfeklinik der Universität Zürich.

Seine damalige Chefin Renate Huch hielt unter den vielen Festreden der Freunde diejenige, die Dudenhausens Fach am nächsten kam. Sie verglich darin das Ungeborene im Uterus mit einem Bergsteiger, der den 8848 Meter hohen Gipfel des Mount Everest ohne zusätzlichen Sauerstoff erreicht. Als Erster schaffte das Reinhold Messner 1978 – dank wochenlanger Anpassung an die „dünne“ Höhenluft.

Was für erstaunliche Fähigkeiten die kleinen „Bergsteiger“ trotz der Sauerstoffknappheit im Mutterleib schon entwickeln, das machte die Zürcher Expertin an Beispielen deutlich: Schon in der elften Schwangerschaftswoche kann der Fötus den Kopf drehen, in der 19. Woche reagiert er auf Geräusche. Auch auf Schmerz reagiert das Ungeborene unerwartet früh.

Und in keiner Situation des menschlichen Lebens werden so viele Stresshormone ausgeschüttet wie während der Geburt, sagte Renate Huch. Viele Stresshormone aber schützen vor Sauerstoffmangel. „Auf dem Gipfel bist du high, high, high“, zitierte sie die Extrem-Bergsteiger.

All dies sind Erkenntnisse der jüngsten Zeit. „Wir können das faszinierende vorgeburtliche Leben viel intensiver studieren als frühere Generationen“, so Renate Huch. Und Dudenhausen selbst blickte dankbar auf den „Aufbruch in der Geburtshilfe“ zurück. Denn das gewachsene Wissen hat praktische Folgen: Die Mütter- und Säuglingssterblichkeit tendiert heute bei uns immer mehr gegen Null.

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