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Gesundheit: Das Risiko reist mit

Kreuzfahrten sind – trotz der Havarie der Costa Concordia – beliebt, nicht zuletzt bei älteren Menschen Passagiere können im Notfall medizinisch behandelt werden. Sie sollten aber auch selbst vorsorgen.

Rund 1,6 Millionen Bundesbürger dürften die Havarie der Costa Concordia und wenig später den Brand auf der Costa Allegra besonders intensiv verfolgt haben. So viele Deutsche haben nämlich allein im letzten Jahr selbst eine Kreuzfahrt unternommen, ob im Mittelmeer, auf der Donau oder in der Karibik.

Viele von ihnen dürften vor Antritt der großen Reise weniger Angst vor einem Unfall des Schiffs als vielmehr vor einem persönlichen gesundheitlichen Zwischenfall gehabt haben. Denn immer mehr ältere und chronisch kranke Menschen entscheiden sich für das Reisen auf einem großen Schiff. „Prinzipiell ist das auch für Senioren eine sehr geeignete Form des Reisens“, meint Clara Schlaich, Ärztin und Leiterin des Gesundheitszentrums des Hamburger Hafens. Angenehm ist am Reisen auf großen Schiffen zum Beispiel, dass man bei den Landgängen viel von der Welt sehen kann, ohne ständig das Quartier wechseln zu müssen. Beruhigend ist aber auch, dass die Reisenden sicher sein können: Es ist (mindestens) ein Arzt an Bord. Das ist für Schiffe unter deutscher Flagge ab einer Anzahl von 75 Personen an Bord vorgeschrieben, international ab 100 Personen. Sind mehr als 800 Personen an Bord, muss ein zweiter Arzt hinzukommen. Insgesamt werde bei den meisten Reedereien die Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung von Passagieren und Personal sehr ernst genommen, so Schlaich – schon allein, um Haftungsklagen abzuwenden. „Die Ausstattung ist oft mit der Notambulanz eines deutschen Krankenhauses vergleichbar.“ Im Bordhospital gibt es üblicherweise ein EKG-Gerät und einen Defibrillator, es können dort Labor-, Ultraschall- und Röntgenuntersuchungen gemacht werden. Es besteht sogar die Möglichkeit, als Dialysepatient mitzureisen und regelmäßig die lebensnotwendige Nierenersatzbehandlung zu bekommen.

Ein medizinisches Rundum-Sorglos-Paket ist das aber nicht. Gesundheitsvorsorge bei Reisen rund ums Meer war also aus gutem Grund das Thema des 13. Forums Reisen und Gesundheit auf der internationalen Tourismusbörse (ITB), die Mitte März im Berliner ICC stattfand. Die Gesundheitsvorsorge fängt beim Kofferpacken an, denn die speziellen Medikamente, die etwa Rheuma- oder Herzkranke regelmäßig brauchen, können im Unterschied zur banalen Kopfschmerztablette nicht an Bord sein. Wichtig ist auch, sich klarzumachen, dass man mit dem Arzt auf einem Schiff, das unter italienischer oder liberischer Flagge fährt, wahrscheinlich nicht auf Deutsch wird kommunizieren können. Chronisch Kranke sollten ärztliche Diagnosen und Verordnungen mit sich führen. Schwangere kurz vor der Geburt dürfen bei keinem Veranstalter an einer Kreuzfahrt teilnehmen. Denn Hebammen gibt es – im Unterschied zu Pflegekräften – nicht an Bord. Und die Ärzte sind nicht speziell in Geburtshilfe ausgebildet, sondern Allgemeinmediziner und Fachärzte für Innere Medizin, manchmal auch Anästhesisten oder Chirurgen, und sie haben vor ihrer Tätigkeit als Schiffsarzt Fortbildungsveranstaltungen besucht.

Zum Beispiel ein Einführungsseminar über Notfallmedizin an Bord, wie es die Deutsche Gesellschaft für Maritime Medizin anbietet. Diese Gesellschaft hat auch Empfehlungen für Mindestanforderungen an Schiffsärzte herausgegeben. Inzwischen seien gerade qualifizierte deutschsprachige Ärzte gefragt, sagt Klaus-Herbert Seidenstücker, stellvertretender Vorsitzender der Gesellschaft. „Früher war das eine Nische für Mediziner mit besonders romantischen Vorstellungen. Dieses Bild hat sich gewandelt.“ Schiffsärzte müssen im Notfall bei einem Herzinfarkt die richtigen Entscheidungen treffen, sie müssen sich mit der Dialyse auskennen, akute Zahnschmerzen in den Griff bekommen, aber auch immer wieder kleine und größere Wunden versorgen. „Ein Drittel aller Verletzungen passiert beim Landgang, zwei Drittel aber an Bord, etwa bei Stürzen, sagt Schlaich. Auch die meisten offenen Wunden und Knochenbrüche können an Bord behandelt werden, in einer Untersuchung mussten nur zwei Prozent der Verletzten in einer Hafenstadt ins Krankenhaus, keiner musste nach Hause gebracht werden. Wenn es darum geht, wer sicherheitshalber an Land behandelt werden sollte, hat formell der Kapitän das letzte Wort.

Einerseits ist ein großes Schiff also eine geschützte, gut ausgestattete, nur leicht schwankende eigene Welt. „Andererseits leben hier viele Menschen auf engem Raum zusammen, das erhöht das Risiko für Infektionen, etwa mit Influenza oder Noroviren“, sagt Schaich. Am Buffet können die Durchfallviren besonders gut weitergegeben werden. Besonders immungeschwächten, vorerkrankten und sehr alten Mitreisenden können sie ernsthaft gefährlich werden. Eine andere mögliche Gefahrenquelle sind Landgänge, die je nach Gegend von den nötigen Impfungen flankiert sein müssen.

Wer sich im Anschluss an die Schiffsreise noch einen Cluburlaub an einer afrikanischen Küste gönnt, sollte sich vorher unbedingt ärztlichen Rat einholen, ob es sinnvoll ist, vorbeugend Malariamedikamente einzunehmen, rät Tomas Jelinek, Wissenschaftlicher Leiter des Centrums für Reisemedizin in Düsseldorf. Im Juni soll ein neues Präparat auf den Markt kommen. Nur im Einzelfall müssten Reisemediziner von einer geplanten Reise aus gesundheitlichen Gründen abraten, sagt Jelinek. „Wir beraten für mehr Sicherheit, wollen aber keine Spielverderber sein.“

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