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Gesundheit: Das Zittern geht weiter

Die Länder starten den Elite-Wettbewerb. Doch nun muss sich Angela Merkel bekennen

Wenn Angela Merkel am heutigen Freitag ans Rednerpult im Audimax der Freien Universität Berlin tritt, wird der Saal gespannt auf ein Bekenntnis von ihr warten. Die Union hat angekündigt, Merkel werde eine Grundsatzrede zur Forschung halten. Dabei kann sich Merkel unmöglich um eine Aussage zur Exzellenzinitiative von Bund und Ländern drücken, die ihr starker Widersacher in Hessen, Roland Koch, monatelang blockierte. Gestern haben die Ministerpräsidenten und Gerhard Schröder endlich grünes Licht gegeben.

Doch wenn Merkel tatsächlich Bundeskanzlerin wird, entscheidet ihre Regierung, ob das Geld im Bundeshaushalt verankert wird. 75 Prozent der 1,9 Milliarden Euro, die in sechs Jahren für Forschung an den Hochschulen ausgegeben werden sollen, kommen vom Bund. Die scientific community, an die sich die Physikerin am Freitag richtet, erwartet von ihr ein entschlossenes „Ja“ zum Exzellenzwettbewerb.

Für die deutschen Hochschulen ist die Zitterpartie aber auch dann noch nicht abgeschlossen. Bewerbungen werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Wissenschaftsrat überhaupt nur angenommen, wenn die jeweilige Landesregierung den Antrag dorthin weiterleitet – die Gegenfinanzierung also gesichert ist. In den meisten Landeshaushalten ist das Geld für die Graduiertenschulen, die Cluster und für den „projektbezogenen Ausbau der universitären Spitzenforschung“ jedoch noch nicht enthalten. Weder war abzusehen, ob und wann der in den Föderalismusstreit geratene Wettbewerb startet, noch können die Länder absehen, wie erfolgreich ihre Universitäten im Wettbewerb überhaupt sein werden.

Die Teilnahme der Berliner Hochschulen am Wettbewerb wird vom Senat gewollt, versichert Matthias Kolbeck, der Sprecher von Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin. Die Hochschulen sollen die 25 Prozent Landeszuschuss nicht aus ihren eigenen Haushalten abzweigen müssen. Schon im Dezember hatte der Senat seinen Willen in einem Beschluss bekundet, die Mittel aber gleichwohl nicht in seinem Haushaltsentwurf für 2006 berücksichtigt. Ein Nachtragshaushalt sei bei den nun auf die Stadt zukommenden überschaubaren Summen jedoch nicht nötig, sagt Kolbeck. „Ein so enges Korsett ist der Haushalt nicht, als dass man nicht auch flexibel reagieren kann.“ Das Parlament werde die Exzellenzinitiative in seinen Haushaltsberatungen nach der Sommerpause berücksichtigen.

Berlins Hochschulen haben ehrgeizige Pläne (siehe Kasten). Wenn es der Humboldt-Universität gelingt, auch über die dritte Säule, den „projektbezogenen Ausbau der Spitzenforschung“, gefördert zu werden, würde schon sie allein etwa 21 Millionen Euro jährlich einwerben, von denen das Land 25 Prozent übernehmen müsste. Kolbeck sieht aber gleichwohl keine horrenden Summen auf das Land zurollen: „Die Juroren werden schon für eine gleichmäßige Regionalverteilung der Mittel über das ganze Bundesgebiet hinweg sorgen“, sagt er.

Vielleicht haben sich die einst guten Chancen der Humboldt-Universität für die maximale Fördersumme über die dritte Säule ohnehin halbiert – ganz abgesehen von Plänen in den Gremien, die Professorenmehrheit auszuhebeln. Möglicherweise können am Ende ohnehin nur fünf Hochschulen mit der gesamten Fördersumme aus dem dritten Topf bedacht werden. Zwar heißt es in der Bund-Länder-Vereinbarung, zehn Hochschulen sollten die jährlich etwa 21 Millionen Euro bekommen. Doch hinter den Kulissen wird die Finanzdecke bereits hin zu den anderen beiden Säulen verschoben. Am Ende könnte nur so wenig Geld im dritten Topf bleiben, dass es noch für vier oder fünf Hochschulen reicht. Dem Vernehmen nach hat sich hier Hessens Ministerpräsident Roland Koch durchgesetzt. Bekommt Hessen kein Geld aus dem dritten Topf für „Elite-Unis“, ist der Gesichtsverlust kleiner, wenn bundesweit überhaupt nur fünf Hochschulen beglückt werden können.

Der ursprünglich in dem Entwurf enthaltene Vermerk, es solle sich um zehn Hochschulen handeln, ist in der neuen Fassung des Papiers denn auch gestrichen worden. Peter Frankenberg, Baden-Württembergs Wissenschaftsminister, bestätigt, es sei keineswegs auszuschließen, dass am Ende nur fünf Universitäten mit der Maximalsumme gefördert werden: „Es kommt darauf an, wie viel Geld für die dritte Säule übrig bleibt.“ Bleibt wenig übrig, werden mit dem Geld über die anderen beiden Säulen umso mehr Hochschulen versorgt, kommt also das Gießkannenprinzip stärker zur Geltung. Gleichzeitig stehen dann aber die nur fünf Hochschulen, die es an den dritten Fördertopf schafften, besonders strahlend da.

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