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Gesundheit: Der Wettbewerb soll es richten

Welche Hochschulgesetze bringen frischen Wind ? Der Stifterverband ist für starke Präsidenten und wenig Staat

Von Uwe Schlicht

Wie modern sind die Hochschulgesetze in den 16 Ländern der Bundesrepublik? Nur sehr gute Hochschulen können mit schlechten Gesetzen auskommen. Insofern ist die Frage von Bedeutung, was ein gutes Hochschulgesetz charakterisiert. Besonders Berlin wird sich dieser Frage stellen müssen, denn es hat als einziges deutsches Land noch kein modernes Hochschulgesetz vorgelegt, das den Vorgaben des Hochschulrahmengesetzes von 1998 gerecht wird. Die große Koalition war wegen grundsätzlicher Meinungsverschiedenheiten zwischen der SPD und der CDU nicht in der Lage dazu. Im nächsten Jahr steht diese Aufgabe der rot-roten Koalition bevor. Ob die PDS der richtige Partner ist, um ein modernes Gesetz zu konzipieren, kann man nach den bisher bekannt gewordenen Überlegungen bezweifeln.

Der Stifterverband hat eine hochrangig besetzte Expertengruppe beauftragt, 13 neue Hochschulgesetze aus Deutschland nach modernen Leitbildern zu untersuchen. Herausgekommen ist eine Rangfolge von besten Hochschulgesetzen, mittleren und schlechten. In der Rangfolge gibt es weder ein Nord-Süd-Gefälle noch eine parteipolitische Gewichtung derart, dass die CDU-regierten Länder bessere Regelungen gefunden haben als die SPD-Länder. In der Spitzengruppe führt das von dem sozialdemokratischen Wissenschaftsminister Thomas Oppermann verantwortete Gesetz von Niedersachsen. Es folgt Baden-Württemberg, das sein Gesetz noch in der Verantwortung des CDU-Ministers Klaus von Trotha konzipiert hatte, vor Hessen, dessen Hochschulgesetz von der FDP-Politikerin Ruth Wagner verantwortet wird, vor Hamburg, dessen Gesetz noch die Handschrift der Grünen-Politikerin Krista Sager trägt und Bremen, dessen Hochschulgesetz einer großen Koalition von SPD und CDU zu verdanken ist.

Was zeichnet ein modernes Hochschulgesetz aus? Hierzu äußerten sich Manfred Erhardt vom Stifterverband, Detlef Müller-Böling vom Centrum für Hochschulentwicklung (CHE), der Generalsekretär der Hochschulrektorenkonferenz, Jürgen Heß, und der Vorsitzende des Universitätsrats aus Konstanz, Professor Manfred Timmermann. Der Staat soll sich immer mehr aus der Detailsteuerung durch die Fachaufsicht zurückziehen, weil er einfach überfordert ist, in Zeiten des knappen Geldes den Hochschulen vorzugeben, welche Studiengänge oder Fachgebiete sie aufgeben müssten, um Spielraum für neue zukunftsträchtige Forschungsfelder und Lehrgebiete zu gewinnen. Auch die bisherige Gruppenuniversität ist nach Ansicht der Expertengruppe zu solch schmerzlichen Entscheidungen nicht in der Lage. Nur Hochschulen, die sich bei ihren wegweisenden Entscheidungen von externen Persönlichkeiten beraten lassen, könnten die richtigen Weichenstellungen treffen. Diese Hochschulräte sollten daher die Universitäten nicht nur beraten, sondern möglichst auch durch Mitentscheidung auf den richtigen Weg bringen. Damit die Entscheidungen der Hochschulräte auch umgesetzt werden können, sind die Präsidenten und die Dekane so zu stärken, dass sie möglichst unabhängig von ihren Wählern in den Gremien agieren. Die so gestärkten Universitätspräsidenten schließen Zielvereinbarungen mit den Fakultäten nach dem Motto „Reformen gegen Geld” ab.

Der Staat wiederum beschließt zwar noch die Globalsumme für die Ausstattung der Hochschule, verzichtet jedoch auf weitere Eingriffe. Nur zwei Instrumente bleiben dem Staat erhalten: Zielvereinbarungen, in denen er die Reformziele mit den Hochschulleitungen aushandelt und Evaluationsgutachten.

Wesentliche Kriterien sind auch Fragen, die gerade in Deutschland noch wie Zukunftsmusik klingen: die Auswahl der Studenten durch die Hochschulen selbst und nicht durch Zuweisungsverfahren der ZVS in Fächern mit einem Numerus clausus. Die Freiheit der Hochschulen, Studiengebühren zu erheben, wird als ebenso wichtig angesehen wie die Chance, dass sich Hochschulen nicht nur als staatliche Körperschaften organisieren dürfen, sondern auch in der privatrechtlichen Form von Stiftungen. Der Leitgedanke ist: Der Wettbewerb wird es richten.

Hätte Berlin die Chance genutzt, die sich im Januar 2001 auftat, als unter der Verantwortung des damaligen Staatssekretärs Josef Lange der Entwurf für ein neues Hochschulgesetz veröffentlicht wurde, dann stünde es heute bei dem Vergleich des Stifterverbandes hinter Niedersachsen an der zweiten Position. Aber die Berliner SPD hatte den Gesetzentwurf verworfen. Heute geistert in einschlägigen Kreisen ein Konzeptpapier der PDS herum, in dem die Grundsätze für ein modernes Hochschulgesetz vehement abgelehnt werden. Die PDS möchte nicht die Mitbestimmung mächtigen Präsidenten und starken Dekanen opfern und schon gar nicht eine Fremdsteuerung der Hochschulen durch die Wirtschaft über die Hochschulräte in Kauf nehmen.

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