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© Foot: akg

Ernährung: Mammutkeule in Olivenöl

Der Ernährungsforscher Andreas Pfeiffer empfiehlt, Steinzeit-Diät und mediterrane Kost zu kombinieren.

Das Leben in der Steinzeit war kein Zuckerschlecken. Wie man von Menschen weiß, die noch heute als Jäger und Sammler am Amazonas, in Australien oder auf den Philippinen leben, bestand der Speisezettel zum großen Teil aus Früchten und Wurzeln und daneben aus allem, was die Tierwelt so hergab. Larven, Würmer, Frösche – Hauptsache Proteine. Ein knurrender Magen gehörte für Steinzeitmenschen offenbar zum Alltag. Dafür spricht auch, dass das Körpergewicht heutiger „Steinzeitmenschen“ hart an der Grenze zum Untergewicht liegt.

Trotzdem hat die „Steinzeit-Diät“ ihre Vorzüge, meint Andreas Pfeiffer, Ernährungsexperte an der Berliner Uniklinik Charité und am Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam-Rehbrücke. Pfeiffer sprach am gestrigen Sonntag im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Kosmos und Mensch“ der Charité und des Tagesspiegels über „Steinzeiternährung für die Neuzeit“ im Berliner Gorki- Theater vor mehr als 400 Zuhörern.

„Unser Stoffwechsel funktioniert noch immer so wie in der Steinzeit“, sagte Pfeiffer. Der Körper ist auf die Bekämpfung des Mangels programmiert, nicht auf Überfluss. Jede Kalorie wird festgehalten.

Und eine ganze Batterie von „Bauchhormonen“ sorgt dafür, dass die Vernunft beim Essen ausgeschaltet wird. Wer schlemmt, ist glücklich. Wer sich dagegen auf Diät setzt, den quälen Gereiztheit und schlechte Laune. Vom Hunger ganz zu schweigen.

Bis tief in die evolutionäre Entwicklung des Tierreichs lässt sich das „Fress- Prinzip“ verfolgen. Schon Würmer saugen sich voll. Mit paradoxen Folgen. Lässt man zum Beispiel den Fadenwurm C. elegans hungern, lebt er um ein Mehrfaches länger. Warum? Vermutlich, weil seine Bedingungen, sich zu vermehren, nicht optimal sind, also muss er noch eine Weile leben. Ein satter Wurm dagegen kann sich vermehren – und früh sterben.

Gene aus der Steinzeit und Nahrung im Überfluss, das Ergebnis ist die moderne Fettsucht-Epidemie. „Essen ist manchmal eine ungesunde Angelegenheit“, kommentierte Pfeiffer. Und erinnerte an die Gefahren des deutlichen Übergewichts wie Zuckerkrankheit, Gefäßverkalkung, Atemprobleme, ein erhöhtes Risiko für manche Krebsleiden, Gelenkschäden und Gallensteine.

Dennoch zeichnete der Mediziner kein Schwarz-Weiß-Bild. Pfeiffer vergaß nicht zu erwähnen, dass die Lebenserwartung nach wie vor steigt und das Abnehmen vor allem in mittleren Jahren gesundheitliche Vorteile bringt. „Ab 65 sollte man eher mit Vorsicht abnehmen“, riet er. Ein kleines Fettpölsterchen sei in diesem Alter nicht unbedingt von Schaden.

Die drei Hauptbestandteile der Ernährung sind Proteine, Kohlehydrate und Fett. Bei der Steinzeit-Diät haben Proteine ein Übergewicht, denn Fleisch und Fisch sind reich an Eiweiß. Bei der Mittelmeerkost liegt ein wichtiger Akzent dagegen auf Kohlehydraten in Form von Pasta oder Brot.

Pfeiffer schlug vor, die Vorzüge beider Kostformen zu vereinen. Das heißt: zum einen viel Proteine zu sich zu nehmen, allerdings hauptsächlich aus pflanzlichen Quellen. Und zum anderen die gesunden Fette der Mittelmeerküche (Olivenöl) und viel Gemüse auf den Speiseplan zu setzen. Kohlehydrate von Nudeln und Co., wie in der mediterranen Ernährung vorgesehen, sollte man dagegen verringern. Der Wissenschaftler begründete das damit, dass manche Menschen ausgeprägt auf Kohlehydrate reagieren – ihr Stoffwechsel neigt dazu, sich bei kohlehydratreicher Ernährung in Richtung Diabetes zu verändern. Andererseits ist eine eiweißreiche Kost nicht bekömmlich, wenn die Nieren geschädigt sind.

Von einer Spielart der Ernährung riet Pfeiffer eher ab: Rohkost. Gekochtes Gemüse sei besser verdaulich. Ein Beispiel dafür ist Lycopin, der gesunde rote Farbstoff in den Tomaten. Er wird erst durch Kochen aus den Zellwänden der Tomaten herausgelöst. Schon die Steinzeitmenschen vor 12 000 Jahren hätten ihre Nahrung gekocht und so bekömmlicher gemacht, sagte Pfeiffer. Vielleicht munden dann sogar Käferlarven.

„Bluthochdruck – was nun?“ lautet die nächste Veranstaltung in der Reihe „Kosmos und Mensch“ im Gorki-Theater am 4. Mai um elf Uhr. Es spricht Friedrich Luft von der Charité. Der Eintritt ist frei.

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