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Gesundheit: „Gefühle sind entscheidend für Roboter“

Maschinen, die sich wie Menschen verhalten, wird es erst in 200 Jahren geben. Gespräch mit dem FU-Forscher Raúl Rojas

Glückwunsch Herr Rojas, zum Weltmeister im Roboterfußball für ihre FUFighters. Wie viele Titel haben Sie denn schon?

Danke. Seit 1999 haben wir sieben Mal teilgenommen, drei Mal wurden wir Vize- und zweimal Weltmeister.

Wann werden Sie das deutsche Team um Michael Ballack besiegen können?

Langfristig ist es das Ziel, statt Fußballroboter auf Rädern, solche mit zwei Beinen zu bauen. Als Termin wird oft 2050 genannt, aber ich bezweifle, dass es gelingt.

Wo liegt das Problem?

Wir wissen noch nicht genug vom Menschen, um einen solchen Roboter bauen zu können. Eines Tages wird man eine solche Maschine mit menschlichen Eigenschaften bauen können. Es wird aber noch 100 oder 200 Jahre dauern.

Arbeiten Sie daran?

Wir stellen Roboter her und wollen, dass sie sich untereinander verständigen, dass nicht alle gleichzeitig zum Ball gehen. Dass sie Pässe schlagen, die Umgebung erkennen. Dafür müssen die Roboter sehen und kommunizieren können.

Lohnt sich der Aufwand für die Spielerei?

Diese Arbeit bringt andere Fortschritte. Es wird Lösungen für Service-Roboter und autonome Maschinen geben.

Hat die Fußballroboterforschung schon konkrete Anwendungen gebracht?

Der Leiter des Teams der amerikanischen Cornell-Universität hat jetzt eine Firma gegründet, die autonome Roboter für Lagerarbeiten herstellt.

Was ist daran neu?

Anstelle einer großen Maschine, die alleine eine schwere Last tragen kann, arbeiten hier viele kleine Roboter zusammen. Man hat vielleicht 1000 Roboter, die gleichzeitig Material transportieren. Das erhöht die Effizienz.

Haben Sie auch schon Ideen für kommerzielle Anwendungen?

Wir hatten schon Anfragen von Firmen, die Rasenmäher produzieren.

Dafür würde ich mir auch einen Roboter wünschen.

Wir haben uns damit beschäftigt. Einen effektiven Roboter zu bauen, wäre nicht das Problem. Aber er muss auch erschwinglich sein, daran scheitert es noch. Wir arbeiten daran, von unserem Fußballroboter eine Standardvariante herzustellen, die als Bausatz für Universitäten und Schulen dienen soll.

Sie haben davon gesprochen, dass bei den Fußballrobotern die Kommunikation wichtig sei. Wird dazu alles vorprogrammiert oder hat der Roboter auch eigene Ideen?

Es ist Aufgabe des Programmierers, für alle möglichen Situationen ein Verhaltensmodul vorzubereiten. Wir müssen an alle Konstellationen denken und diese einprogrammieren. Wenn man das schafft, spielen die Roboter gut. Wenn man es nicht hinkriegt, stehen sie unter Umständen ratlos herum, schießen den Gegner an und nicht ins Tor.

Wie im richtigen Leben also. Werden Roboter auch bald wie Menschen aussehen?

Viele glauben, es würde auf Roboter hinauslaufen, die wie Menschen aussehen. Das ist aber nicht unbedingt der Fall. Man wird pragmatisch vorgehen und die Roboter an die Funktion anpassen.

Gibt es Beispiele?

Wenn es ums Wäsche waschen geht, wird man Haushaltsroboter bauen, die wie Waschmaschinen aussehen – allerdings mit Armen dran, um die Wäsche raus- und reinpacken zu können. Ein Roboter, der Geschirr wäscht, sieht aus wie eine Spülmaschine, die zwei Arme hat und eine Videokamera, um das Geschirr erkennen zu können.

Im Film „I, Robot“ sehen die Roboter, die Müll-Container leeren, wie Müllmänner aus.

Es wird auch hier auf einen Roboter hinauslaufen, der wie ein Müll-Container aussieht. Er wird zwei oder vier Greifer haben, um die Mülltonnen zu entleeren und vor die Haustüre stellen zu können. In der Welt von morgen wird es eine Vielzahl von Robotern geben, deren Form an die Funktion angepasst ist.

Warum stellen wir uns dann immer Roboter vor, die wie Menschen aussehen?

Das ist seit jeher ein Faszinosum. In allen Kulturen gibt es Geschichten über Geschöpfe, die aus Ton hergestellt wurden und denen Leben eingehaucht wurde. Der beste Nachweis, dass man verstanden hat, wie Menschen funktionieren, ist es, eine Maschine zu bauen, die Gestalt und Funktion eines Menschen hat.

Mit einem menschenähnlichen Geschöpf fühlen wir uns emotional mehr verbunden als mit einem Kasten, der Arme hat.

Das habe ich jetzt in Osaka gut spüren können. Eine japanische Firma hat mit einem speziellen Material das Gesicht einer Frau täuschend echt nachgebildet. Wenn der Roboter den Kopf drehte und einen lange fixierte, fühlte man sich unwohl, als ob man einem Menschen gegenüber stünde. Dabei wusste man natürlich, dass es sich nur um eine Maschine handelte. Das zeigt, dass wir mit als Menschen verkleideten Maschinen eher emotionale Bindungen eingehen.

Können Roboter nicht nur wie Menschen aussehen, sondern auch intelligent sein?

Die Frage ist, was ist Intelligenz? Es gibt außer der menschlichen noch viele andere Arten von Intelligenz. Die Intelligenz der Roboter liegt noch unter der einer Fliege. Auf der Intelligenzskala sind die Roboter noch sehr nahe bei Null. Aber langsam eignen sie sich die Fähigkeiten von Lebewesen an, Navigation etwa oder Erinnerungsvermögen.

Wird es auch möglich sein, dass Roboter autonom reagieren, dass nicht alles vorgegeben sein muss? Können Roboter das Gelernte eigenständig weiterentwickeln?

Das ist der große Traum, den Computer so zu programmieren, dass er Texte interpretieren kann und der Programmierer dann nichts mehr zu tun hat. Er gibt dem Computer nur noch Bücher, aus denen dieser lernt. Doch davon, den Computer in die Schule schicken zu können, sind wir noch weit entfernt.

Haben Ihre Roboter also noch nichts gelernt?

Wir hatten letztes Jahr das Problem, dass gelegentlich einer von den vier Motoren ausfiel. Dann haben wir die Roboter so programmiert, dass sie lernten, damit umzugehen. Er merkt, jetzt habe ich ein Bein weniger, also muss ich mich umstellen, damit ich sicher fahren kann.

Das hört sich eher einfach an.

Es ist natürlich einfach, einen Motor zu ersetzen. Aber wir hätten gerne, dass der Computer den Doppelpass lernt. Dass es ihm einmal glückt und er sich merkt: „Doppelpass ist eine gute Sache. Ich werde es wieder probieren.“ Dann muss man nur noch den Rahmen vorgeben, wie Lernen geschehen soll, den Rest macht der Roboter von alleine.

Wie weit kann dieses Lernen gehen?

Der maximale Traum: Wir sperren die Roboter im Keller ein, wo sie die ganze Nacht trainieren und am nächsten Tag spielen sie schon wie die Weltmeister, weil sie alles von alleine gelernt haben.

Träumen Sie auch davon, dass Computer Gefühle entwickeln?

Das ist eine schwierige Frage. Gefühle sind biologisch bedingt und haben sich evolutionär entwickelt. Emotionen wie Angst schützen uns. Wenn ein Mitglied der Gruppe leidet, versucht man zu helfen. Das sichert die Existenz der Gruppe. Es gibt Forscher, die sagen, dass Intelligenz ohne Emotionen nicht möglich ist.

Wie kann man sich vorstellen, dass Roboter emotionelle Intelligenz bekommen?

Ich habe keine Ahnung. Das ist eines der Probleme, bei dem die Forscher noch völlig im Dunkeln tappen. Man weiß nur, dass es künftig entscheidend sein wird, um intelligente Roboter zu bauen.

Was ist ansonsten derzeit das größte Problem beim Roboterbau?

Die Energieversorgung ist die wichtigste Frage, die in Richtung auf humanoide Roboter zu lösen ist. Die Biologie arbeitet mit Muskeln, die gleichzeitig Energie erzeugen und Kraft geben. Bei Robotern sind Motor und Batterie getrennt. Die Akkus sind tote Masse, die nach zwei Stunden gewechselt werden müssen. In unserem Körper sitzt der Akku in jeder Zelle und liefert genau die benötigte Energie.

Heißt das, dass Roboter auch aus Zellen aufgebaut sein müssen?

Es ist die Frage, ob nicht die Biotechnologie mit der Robotik zusammenkommen wird. Man könnte biologisches Material benutzen. Vielleicht hat die Natur schon die beste Möglichkeit gefunden hat, intelligente Maschinen zu bauen – eine Frage für die nächsten 50 bis 100 Jahre.

Was könnte in 20 Jahren erreicht sein?

Es wird Roboter geben, die die Post verteilen, die auf der Straße Koffer tragen, die am Hauseingang warten und den Kasten Bier in die vierte Etage tragen. Es wird autonome Fahrzeuge geben, die ohne Fahrer auf der Autobahn fahren.

Was ist mit Intelligenz oder Gefühlen?

Davon wird wenig zu sehen sein.

Wer wird nächstes Jahr Weltmeister?

Im echten Fußball? Ich bin Mexikaner. Ich drücke der mexikanischen Mannschaft die Daumen. Hoffentlich ist das Endspiel Deutschland gegen Mexiko. Beim Roboterfußball haben deutsche Mannschaften schon oft dominiert. Nächstes Jahr wird es nicht anders sein.

Das Gespräch führte Paul Janositz

Raúl Rojas, 50, Professor für Künstliche Intelligenz an der FU Berlin, entwickelt gemeinsam mit Studenten Fußballroboter. Die „FU–Fighters“ wurden schon mehrfach Weltmeister.

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