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Gesundheit: Gemeinsam, auch ohne neue Regeln

Die Berliner Unis brauchen im Elite-Wettbewerb keine besonderen Rabatte Von Christoph Markschies

Differenzen zwischen den drei großen Berliner Universitäten zu entdecken, macht Spaß und unterhält das gebildete Publikum. Trifft aber nur begrenzt die Wirklichkeit der Hauptstadt. Denn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Freien Universität, der Humboldt–Universität und der Technischen Universität arbeiten seit vielen Jahren vertrauensvoll und eng zusammen, beispielsweise im Bereich der Mathematik.

Wenn sie zusammenarbeiten, gelingt es, viel Fördergeld nach Berlin zu holen, jüngst wieder für eine gemeinsame Graduiertenschule, die „Berlin Mathematical School“. Unterschiedlich pointierte Zukunftskonzepte in der dritten Förderlinie des Exzellenzwettbewerbs, aber engste Kooperation im Bereich der ersten und zweiten Linie, also der Graduiertenschulen und Cluster, hat der Vorsitzende des Wissenschaftsrates Peter Strohschneider nicht nur den Berliner Universitäten empfohlen.

Das Münchener Beispiel zeigt, dass man auf diese Weise alle Hauptgewinne im Exzellenzwettbewerb des Bundes und der Länder abräumen kann. Unterschiedlich pointierte Zukunftskonzepte gibt es bereits, obwohl sie gegenwärtig alle eine Ehrenrunde drehen: In Dahlem will man eine internationale Netzwerkuniversität bauen, Berlin-Mitte übersetzt Reformideen der Gebrüder Humboldt ins 21. Jahrhundert und etabliert ein Forschungsinstitut für Lebenswissenschaften, das Schnittstellen zwischen Geistes- und Naturwissenschaften erforscht. Und in Charlottenburg wird der Transfer zwischen Wissenschaft und Wirtschaft durch ein neues Laborkonzept intensiviert.

Solche Konzepte dienen dazu, das unterschiedliche Profil der drei großen Universitäten zu schärfen, damit niemand behaupten kann, da werde dreimal dasselbe geforscht und könne zweimal gespart werden. Und an allen Clustern sind Kolleginnen und Kollegen aus den jeweils anderen zwei Universitäten beteiligt, damit niemand behaupten kann, man könne sich in aller Verschiedenheit nicht ergänzen und ungeachtet allen Wettbewerbs nicht kooperieren.

Wenn die Anteile der Universitäten an den Anträgen einigermaßen gleich geraten sind, hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft auch keine Einwände, zwei gleichberechtigte Sprecher zuzulassen – so jüngst geschehen bei dem Clusterantrag „Topoi. Raum und Wissen in antiken Zivilisationen“, den eine Archäologin aus Dahlem und ein Philosoph aus Mitte gemeinsam verantworten.

Nun kann alles, was gut ist, selbstverständlich noch besser werden. Deswegen hat der Präsident der Humboldt-Universität seit seinem Amtsantritt mehr Zusammenarbeit gefordert und der Präsident der Freien Universität dieser Tage einen konkreten Vorschlag gemacht, wie noch mehr Zusammenarbeit im Exzellenzwettbewerb möglich werden kann.

Dabei muss man vermutlich nicht einmal die Regeln des Wettbewerbs ändern, sondern einfach nur alle beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler darauf aufmerksam machen, dass die Deutsche Forschungsgemeinschaft bei gleichen Anteilen von zwei benachbarten Universitäten neben der rotierenden Sprecherschaft auch die gemeinsame Sprecherschaft längst zugelassen hat und flexible Regelungen bei der Anrechnung für die dritte Säule in Aussicht gestellt hat. Berlin braucht keine besonderen Rabatte und hat auch keine besonderen Neider unter den Gutachtern, denen man mit Hilfe der Politik das Handwerk legen muss. Vielmehr müssen die Berliner Universitätsleitungen einfach nur alle, die im Wettbewerb antreten, dazu auffordern, dem Beispiel der Mathematik nachzueifern und ebenso fleißig wie eng zusammenzuarbeiten.

Dann kann man nicht nur Bushaltestellen produzieren, die zuverlässig die Ankunftszeit des nächsten Busses anzeigen, sondern vermutlich auch ein paar Cluster nach Berlin holen und dem Rest der Republik demonstrieren, dass hier die Lichter noch nicht ausgegangen sind, im Gegenteil. Und darin, da bin ich mir sicher, besteht zwischen Kurt Kutzler, Dieter Lenzen und Christoph Markschies vollständige Einigkeit. Das soll ja gelegentlich auch Unterhaltungswert haben.

Der Autor ist Präsident der Humboldt-Universität.

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