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Gesundheit: Ja zur Privatisierung von Universitätsklinika

Die Hochschulmedizin ist in Deutschland so teuer geworden, dass der Staat sich immer stärker überfordert fühlt. Deswegen ist die Privatisierung der Krankenversorgung von Universitätsklinika nicht mehr aufzuhalten.

Die Hochschulmedizin ist in Deutschland so teuer geworden, dass der Staat sich immer stärker überfordert fühlt. Deswegen ist die Privatisierung der Krankenversorgung von Universitätsklinika nicht mehr aufzuhalten. Dieser Trend könnte in den nächsten 15 Jahren die deutsche Hochschullandschaft verändern. Der Wissenschaftsrat hat jetzt den ersten Modellfall einer totalen Privatisierung in Hessen genau untersucht. Nur mit dem Votum des Wissenschaftsrats können die Klinika künftig Bundeszuschüsse für ihren Ausbau erhalten.

Als im Dezember des vergangenen Jahres bekannt gegeben wurde, dass Hessen die beiden Universitätsklinika in Marburg und Gießen komplett an die private Rhön AG verkauft hatte, war das eine Sensation. Der Kaufpreis von 112 Millionen Euro erscheint auf den ersten Blick günstig für den privaten Erwerber. Aber die Rhön AG musste sich in dem Kaufvertrag zu Investitionen verpflichten, zu denen das Land Hessen nicht in der Lage war: Am Standort Gießen sollen 170 Millionen Euro bis zum Jahr 2010 investiert werden, um den Neubau eines Klinikums mit etwa 620 Betten zu errichten. In Marburg sind bis zum Jahr 2010 Investitionen in Höhe von 90 Millionen Euro zugesagt worden, mit deren Hilfe das Klinikum saniert und ein Neubau für das Kopfklinikum ermöglicht werden sollen. Bis Ende 2012 sind weitere Investitionen in Höhe von 107 Millionen Euro verabredet worden. Sie sollen unter anderem dem Aufbau eines überregionalen hämatologisch-onkologischen Schwerpunktes (Leukämie) dienen.

Das Rhön-Klinikum profitiert von dem Erwerb von zwei Universitätsklinika dadurch, dass es kleinere Krankenhäuser in der Umgebung mit Diagnosegeräten ausstattet. Die eigentliche Diagnose würde jedoch nach Übermittlung der Daten kostengünstig im Universitätsklinikum gestellt. Man nennt diese Arbeitsteilung „Tele-Portal-Kliniken“.

Für den Wissenschaftsrat war bei seinem positiven Votum entscheidend, dass die für die Hochschulmedizin ausschlaggebenden Bedingungen eingehalten werden: der Vorrang von Forschung und Lehre, die Aufrechterhaltung der Ausbildungskapazität für Medizinstudenten und die Ausbildung des wissenschaftlichen und ärztlichen Nachwuchses an den privatisierten Universitätsklinika.

In einigen Punkten sind die vertraglichen Bedingungen noch entwicklungsbedürftig. So bekommen die Dekane, die an den Fachbereichen in Gießen und Marburg die Verantwortung für Forschung und Lehre tragen, auch in der Geschäftsführung des privatisierten Klinikums Beratungs- und Antragsrecht. Die Dekane müssten bei Strukturentscheidungen des Klinikums zustimmen können, weil solche Entscheidungen Auswirkungen auf die Forschungs- und Lehrschwerpunkte in der Hochschulmedizin hätten, betont der Wissenschaftsrat.

Der Landeszuschuss für Forschung und Lehre ist an die Dekane und nicht an die Klinikumsleitung zu überweisen. Die Dekane übernähmen daher die Aufgaben von Haushaltsbeauftragten, die sonst Verwaltungsleitern zustehen. Wichtig sei es, dass Hessen sich vorbehalten habe, im Falle einer Vertragsverletzung die beiden Klinika wieder in die Verantwortung des Landes zurückzuholen.

Uwe Schlicht

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