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Gesundheit: Jäger des Skythen-Schatzes

Ein Entdecker leitet das Deutsche Archäologische Institut

Hermann Parzinger ist die deutsche Antwort auf Indiana Jones. Der 43-jährige Archäologe folgt den Spuren längst ausgestorbener Völker mit dem Hubschrauber, dem Jeep und schließlich zu Fuß durch karge Landschaften, in die sich sonst kein Fremder verirrt: Südsibirien, Nordkasachstan oder Nordafghanistan. Sein Nachtlager schlägt der Schwarzgurtträger im Judo an steinernen Grabhügeln auf. Viel mehr ist von seinem bevorzugten Forschungsobjekt, den Skythen, nicht übrig geblieben. So schien es jedenfalls – bis Parzinger bei einer deutsch- russischen Expedition 9300 Goldobjekte in dem Grab eines skythischen Fürsten entdeckte.

Mit Parzinger, der jetzt zum Präsidenten des Deutschen Archäologischen Instituts ernannt wurde, kommt jedoch nicht nur ein Jäger verlorener Schätze und ausgewiesener Ausgräber an die Spitze der größten archäologischen Forschungseinrichtung der Welt. Die wissenschaftlichen Leistungen Parzingers wurden 1997 mit dem renommierten Leibniz-Preis über seine Skythen-Forschung belohnt. Es war das erste Mal, das ein Archäologe den mit 750 000 Euro dotierten Preis bekam.

Zu diesem Zeitpunkt lag schon eine steile Karriere hinter ihm. Der gebürtige Münchner wurde nach seiner Habilitation bereits mit 31 Jahren zum Zweiten Direktor der Römisch -germanischen Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts in Frankfurt am Main berufen. Einige Jahre später folgte der Ruf an die Freie Universität Berlin und zum Ersten Direktor der Eurasien-Abteilung. Diese wurde damals neu gegründet, weil nach dem Fall des Eisernen Vorhangs der Steppengürtel, der sich von Nordchina bis zu den GUS-Staaten erstreckt, wieder in den Brennpunkt des archäologischen Interesses rücken konnte. Seit der Stalin-Zeit waren die alten Kontakte deutscher Archäologen in diese Region abgebrochen. Parzingers Sprachkenntnisse, darunter Russisch, Tschechisch, Slowenisch, Serbokrotisch und Türkisch haben ihm geholfen, sie wieder aufzunehmen. Bei seinen Grabungen geht es ihm um die kulturelle Entwicklung zwischen der Bronzezeit und den ersten nachchristlichen Jahrhunderten, etwa die Entstehung des skytho-sibirischen Tierstils. Vor allem will er wissen, welche Wechselwirkungen es zwischen den Skythen und den Hochkulturen jener Zeit gab: zu den alten Griechen oder China.

Unter den ersten Ausstellungen des Deutschen Archäologischen Instituts unter Parzingers Leitung wird denn auch eine große Skythen-Ausstellung im kommenden Jahr sein, in der er die aktuelle öffentliche Begeisterung für Archäologie befriedigen will: Es geht nicht um Einzelobjekte, sondern darum, diese alte Kultur in ihrer ganzen Breite vorzustellen. Parzinger hält nichts davon, Keramik-Scherben zusammenzusetzen, wenn damit nicht auch die Geschichte rekonstruiert werden kann. Ob die Skythen-Ausstellung tatsächlich im Berliner Martin-Gropius-Bau gezeigt werden kann, hängt davon ab, ob sich Sponsoren finden. Die Berliner Lotto- Stiftung hat abgesagt.

Parzinger übernimmt von seinem Vorgänger Helmut Kyrieleis, der das Institut 15 Jahre lang leitete, eine Einrichtung, die zum Auswärtigen Amt gehört. Dessen Sparvorgaben gelten auch für die Archäologen. Potenzial dazu sieht Parzinger darin, bestimmte der zehn Abteilungen und fünf Außenstellen mit 245 Mitarbeitern und 85 Wissenschaftlern effizienter zu gestalten.

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