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Gesundheit: Langzeitvorhaben in Not

Sparkurs hindert Akademien auch an der Aufnahme neuer Projekte

Die acht deutschen Akademien der Wissenschaften sehen ihre Arbeit durch das Sparprogramm der Bundesregierung gefährdet. In Berlin äußerten Vertreter der Union der Akademien jetzt ihre Enttäuschung darüber, dass die Absprache aus dem Jahr 2001 nicht mehr eingehalten werde. Damals war verabredet worden, nach dem Prinzip „Reformen gegen Geld“ zu verfahren. Das heißt, die Akademien sollten für eine Dauer von vier bis fünf Jahren zusätzliche Gelder für die Steigerung der Personalkosten sowie Mittel für in Not geratene Vorhaben erhalten. Außerdem war ein jährlicher Zuwachs von vier Prozent vorgesehen.

Die deutschen Akademien sind berühmt für ihre Langzeitvorhaben, die zum Teil über 100 Jahre währen. Dazu gehören die Arbeit an der MarxEngels-Gesamtausgabe oder Editionen der Schriften von Fichte und Leibniz sowie Alexander von Humboldts oder ein Personenlexikon über die Führungsschicht im römischen Reich der Antike, Quellensammlungen zur Reichstagsgeschichte oder zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik. In den Geistes- und Kulturwissenschaften spielen die Akademien eine vergleichbare Rolle wie die Max-Planck-Gesellschaft in den Naturwissenschaften.

Nachdem die Deutsche Forschungsgemeinschaft künftig Projekte nur noch maximal 12 Jahre fördern will, ist die Betreuung von Langzeitvorhaben alleinige Aufgabe der Akademien geworden. Aber auch bei den Langzeitvorhaben denken die Akademien in neuen Zeitabläufen: Wenn eine große Edition zu organisieren ist, wird die Herausgabe jetzt in Module aufgeteilt. Dadurch wollen die Akademien erreichen, dass bei so umfangreichen Editionen wenigstens Teilbereiche abgeschlossen werden.

Jetzt stellt sich heraus, dass die Akademien der Wissenschaften die Steigerung der Personalkosten selbst erwirtschaften müssen, für die in Not geratenen Vorhaben keinen Euro bekommen und statt der Steigerung um vier Prozent sich mit 0,5 Prozent Zuwachs begnügen müssen. Die Aussichten sind auch für die kommenden Jahre bis etwa 2007 keineswegs günstig, weil der Bund bei dem Akademieprogramm seinen Finanzanteil um fünf Millionen Euro reduzieren möchte. Es ist zu erwarten, dass die Länder auch ihrerseits die Finanzierung der deutschen Akademien entsprechend herunterfahren. Denn nach dem Finanzierungsschlüssel ist es üblich, dass sich Bund und Länder abgestimmt verhalten.

In diesem Jahr fehlen den Akademien 1,6 Millionen Euro – bei einem Gesamtetat von nur 41,4 Millionen Euro. Die Folgen des Sparkurses: Pro Jahr müssen zehn bis 15 Akademieprojekte abgebrochen werden. Bis zum Jahr 2007 werden 180 Arbeitsplätze wegfallen. Und die Akademien werden vorerst kein einziges neues Vorhaben beginnen können. Dabei wollten sich die Akademien jetzt verstärkt aktuellen Vorhaben auch in den Natur- und Technikwissenschaften sowie der Medizin zuwenden – und die Öffentlichkeit über Zukunftsfragen beraten. Und zwar in einem viel umfassenderen Sinne, als es die kurzfristig angelegte Politikberatung leistet. Um die nötigen Kontakte zu den Abgeordneten und Ministerien pflegen zu können, hat die Union der Akademien jetzt in Berlin ein Büro eröffnet. Uwe Schlicht

Berliner Büro der Akademien der Wissenschaften: Markgrafenstraße 37, 10 177 Berlin-Mitte, Tel.: 030 / 206 329 65 (E-Mail: hoenig@akademieunion-berlin.de ).

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