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Gesundheit: Logenplatz über dem Wettertheater

Ein neuer Satellit soll Stürme besser vorhersagen können

Von Mirko Heinemann

Die Opfer der Jahrhundertflut, in Tschechien, in Bayern, in Sachsen, stehen fassungslos vor den Schäden. Und sie fragen sich: Warum sind sie nicht früher, nicht mit exakten Angaben vor den Fluten gewarnt worden? Wird man das wenigstens in Zukunft können?

Mit dem Start der europäischen Trägerrakete Ariane 5 Mittwochnacht richten sich die Hoffnungen der europäischen Meteorologen auf einen neuen Meteosat-Satelliten: einen zwei Tonnen schweren, rund dreieinhalb Meter hohen Metallzylinder voller technischer Neuerungen. Es ist der Enkel des ersten europäischen Wettersatelliten, der vor fast einem Vierteljahrhundert ins Weltall geschossen wurde.

Mit Hilfe des Satelliten wird man Stürme, Dürren und Unwetter besser vorhersagen können, glaubt Wolfgang Benesch, Experte für Fernerkundung beim Deutschen Wetterdienst (DWD), der an dem Projekt beteiligt ist. Besonders die Kürzestfristprognosen, beispielweise für Gewitter, werde genauer. „Der Himmel mag strahlend blau sein und das schönste Badewetter herrschen – mit dem Satelliten kann man erkennen, ob in einigen Stunden ein Gewitter aufzieht.“

Das soll mit einem neuartigen „Radiometer“ an Bord gelingen. Das Gerät überträgt die Satellitenbilder nicht wie bisher in drei, sondern in zwölf verschiedenen Frequenzbereichen. Alle 15 Minuten erstellt es ein neues Bild der Erde, auf dem Wolken, Wasserdampf und Winde in verschiedenen Höhenlagen zu sehen sein werden; auch die für den Straßenverkehr so gefährlichen Nebelbänke am Boden. Objekte müssen allerdings eine Ausdehnung von mindestens zwei Kilometern erreichen, damit der Satellit sie erkennen kann.

Zur Beobachtung von Überschwemmungen wird das neue System nur bedingt taugen: „Der Satellit kann zwar Flüsse registrieren, aber nur bei klarem Himmel“, sagt Benesch. Herrsche Bewölkung, sei der Satellit für die Bodenbeobachtung nicht zu gebrauchen. „Auch die neue Satelliten-Generation kann nicht durch Wolken hindurchsehen.“

Letztlich aber soll mit Meteosat-Hilfe die Wettervorhersage besser werden – und vielfältiger. So kann das Radiometer auch die Ozonkonzentration in der Atmosphäre messen, womit die Prognosen zur Sonnenintensität und Aufenthaltsdauer im Freien exakter werden.

Aus rund 36 000 Kilometern Höhe wird der Satellit die Erde von einer geostationären Umlaufbahn aus beobachten. Auf dieser Bahn rotiert der Satellit genau so schnell um die Erde, wie sie selbst sich um die eigene Achse dreht. Damit hat der Satellit seinen Kamerablick immer auf den gleichen Erdausschnitt gerichtet, vom Standpunkt eines Erdbewohners aus steht er am Himmel also an der immer gleichen Stelle.

Wie schon seine Meteosat-Vorgänger, wird auch der neue Satellit 500 Kilometer südlich der Küste von Ghana über dem atlantischen Ozean schweben: an jener Stelle, wo der Äquator und der Längengrad Null sich treffen. Von hier aus kann er Afrika überblicken, den Nahen Osten und ganz Europa. Vom südamerikanischen Kontinent ragt Brasilien ins Bild.

Mit ihrem riesigen Blickfeld sind geostationäre Satelliten auch für die Erforschung des globalen Klimawandels ideal. Der neue Satellit verfügt über ein Gerät zur Messung der Strahlungsbilanz, der Differenz zwischen einfallender und austretender Strahlung. Die Daten sollen Klimatologen Aufschluss über langfristige Einflüsse auf das globale Wetter geben. „Wir bekommen hier ganz wichtige Informationen aus der Wärme-Kraft-Maschine unserer Atmosphäre“, sagt Benesch.

17 europäische Länder hatten sich für den Bau der neuen Meteosat-Generation zusammengeschlossen. Betreibergesellschaft ist die „Eumetsat“, ein Verbund europäischer Wetterdienste, darunter der DWD. Den Bau von zunächst drei neuen Satelliten hat die französische Firma Alcatel Space übernommen, die Projektleitung liegt bei der Europäischen Weltraumbehörde ESA.

Vor 25 Jahren wurde mit Meteosat 1 der erste europäische Wettersatellit in eine geostationäre Umlaufbahn gebracht. Es folgten sechs weitere Satelliten des gleichen Typs. Und bei allen technischen Neuerungen sollte man auch von dem neuen Satelliten keine Wunder erwarten. Wissenschaftlich gesehen sind die Erdbeobachter nur ein kleines Rädchen im komplexen Getriebe der Meteorologie. Immer noch sind es erdgebundene Beobachtungsstellen und Schiffe, die mit ihren Messstationen und dem Wetterradar einen großen Teil der Daten für die Wettervorhersage liefern. Das wird sich in Zukunft ändern. „In einem Vierteljahrhundert werden wir Wetterstationen am Boden nur noch zur Eichung der Daten benutzen“, sagt Benesch. „Dann werden Satelliten das dominierende Beobachtungssystem sein.“

Mehr im Internet:

Unter der Adresse www.esa.int/meteosat2g kann der Start live verfolgt werden (28. 8., 0 Uhr 30)

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