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Gesundheit: Medizin: Kommentar: Teure Schmerzen

"Jeder Kranke soll auch künftig alles bekommen, was er braucht." Hört sich gut an.

"Jeder Kranke soll auch künftig alles bekommen, was er braucht." Hört sich gut an. Nur, frei nach Brecht: "Ach bedenken Sie, Frau Ulla Schmidt,/ Ach bedenken Sie, was man für dreißig Euro kriegt,/ Zehn Tabletten, und sonst nichts ..."

Schmerzkranke kriegen schon heute nicht immer, was sie brauchen: zu teuer. Beispiele gefällig? Drei Tabletten eines neuen Mittels zum Behandeln von Migräneanfällen (siehe nebenstehenden Beitrag) kosten genau 95 Mark und siebzehn Pfennige. Für 50 Tabletten eines neuen, den Magen schonenden Antirheumatikums zahlen Sie beziehungsweise Ihre Kasse 171 Mark 22. ASS wirkt ganz ähnlich, und davon bekommt man für weniger als zehn Mark hundert Tabletten, wenn man nicht auf den ASS-Markenartikel Aspirin besteht. Nur: Bei ASS ist das Risiko, eine Magenblutung oder ein Geschwür zu bekommen, viel größer.

Fast alle neuen Medikamente sind in Deutschland sehr teuer, viel teurer als in anderen Ländern - in Holland zum Beispiel werden Mittel mit überhöhten Preisen gar nicht erst zugelassen -, und dann machen die Hersteller sie plötzlich billiger. Neue Mittel sind meist viel teurer als die alten und keineswegs immer besser. Aber manchmal eben doch. Dann hätten die Ärzte gute Argumente, ihre Sache und die ihrer Patienten beim Sozialgericht durchzufechten, wenn die Kassen sie wegen der Verordnung zu vieler kostspieliger Arzneimittel in Regress genommen haben. Aber welcher Arzt hat auf die Dauer die Zeit und die Nerven dazu? "Das steht keiner durch", sagt der Schmerztherapeut Andreas Ernst.

Dann gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder Patienten und Ärzte verzichten endlich auf all das Fragwürdige, das immer noch verordnet wird - auf Umstrittenes, nie ordentlich Geprüftes und auf Schein-Innovationen ohne wirklichen Zusatznutzen. Oder das Geld reicht nicht für das Notwendige - und Kranke müssen Schmerzen leiden.

R. St.

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