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Gesundheit: Morgens um drei an der Uni

Potsdamer Studenten müssen sich einen Platz im Seminar erkämpfen

Für Simon Braun beginnt der Tag früh. Um sich in die Listen für die Seminare der Grundschulpädagogik einzuschreiben, muss er schon um drei Uhr morgens aufstehen. Denn um diese Zeit versammeln sich die ersten Studenten vor dem Büro in einem alten Plattenbau in Potsdam-Golm. Das Büro öffnet um halb neun, danach beginnt eine Schlacht um die Listen: „Ich war um fünf Uhr hier und musste mich an einer langen Schlange anstellen“, erzählt er. Eineinhalb Stunden fährt Simon Braun von Friedrichshain nach Golm. „Die Universität verlangt von mir, dass ich in diesem Semester bestimmte Scheine bringe, aber ich habe keine Chance, mich in die Lehrveranstaltungen einzuschreiben.“

Wegen des Ansturms haben die Dozenten die Listen begrenzt, nur 35 Studenten dürfen sich zur Teilnahme anmelden. „Manchmal wollen fast doppelt so viele Leute rein“, berichtet Simon Braun. „Da gibt es dann schon mal eine Stimmung, als würde man gleich gelyncht.“ Braun hat es geschafft, in diesem Semester konnte er sich einschreiben. „Doch viele Studenten, die bei der Einschreibung abgeblitzt sind, versuchen es noch einmal zum ersten Seminartermin“, meint er. „Dann gilt: Wer einen Stuhl ergattert, darf bleiben.“

Die Universität ist stolz auf ihr „Potsdamer Modell der Lehrerausbildung“. Die Studenten belegen mehrere Lernbereiche, die Studienordnung ist darauf ausgelegt, ein schnelles Studium zu ermöglichen. Doch in der Lehrerausbildung, bei den Psychologen oder bei den Sprachkursen können die Institute den Anstrum kaum mehr verkraften. Schon seit Jahren werden die eigentlich offenen Listen deshalb begrenzt. „Ein juristisch fragwürdiger Weg, auch aus Gründen des Datenschutzes“, kritisiert der Studentensprecher Stephan Antczack, der Präsident der Versammlung aller Fachschaften an der Universität ist. „Wir kennen das Problem schon seit Jahren, aber die Leitungen der Institute oder der Universität tun kaum etwas gegen die unhaltbaren Zustände.“

Er selbst hat schon mehr als ein Jahr verloren, weil er sich nicht in die Kurse einschreiben konnte. Antczack studiert Geschichte und Kunst im Lehramt. Mittlerweile im siebenten Semester, hat er gerade mal die Hälfte seines Studiums hinter sich. Hinzu kommt, dass einige Potsdamer Professoren ihre Lehrveranstaltungen nur zwischen Dienstag und Donnerstag abhalten, „und nur vormittags“, wie sein Kommilitone Simon Braun ergänzt. „Wenn die Angebote am Nachmittag oder freitags lägen, würden wir natürlich auch kommen. Aber so nimmt das Gerangel bei den Einschreibungen natürlich noch mehr zu.“

Stephan Antczack empfiehlt den betroffenen Studenten, sich von den Dozenten nicht einschüchtern zu lassen. „Jeder hat das Recht, sich frei einzuschreiben und seine Scheine zu machen. Wer es also auf die Liste nicht geschafft hat, sollte einfach zum Seminar gehen und sich nicht abwimmeln lassen.“ Heiko Schwarzburger

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