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Gesundheit: Neuer Studiengang: Pfadfinder im Dschungel der Gene - Die FU bietet jetzt Bioinformatik als Bachelor und Master an

Das menschliche Genom besteht aus drei Milliarden chemischen Bausteinen. Eine unvorstellbare Menge.

Das menschliche Genom besteht aus drei Milliarden chemischen Bausteinen. Eine unvorstellbare Menge. Wollte man jedem Baustein einen Buchstaben zuordnen, würde das 1000 tausendseitige Bücher füllen. Aber nur einige der Seiten in den Büchern sind interessant. Das sind die 100 000 Gene, die bewirken, das aus einer Eizelle ein Mensch wird. "Genauso gut können sie in einem dicken Telefonbuch nach Zusammenhängen zwischen Namen suchen", sagt Christof Schütte, der an der FU neben numerischer Mathematik auch Bio-Computing lehrt. Eine Herkulesaufgabe für die Forscher, die mithilfe des Computers in dieser Datenmenge das menschliche Genom identifiziert haben.

Die Entschlüsselung eines Genoms sei nur eine Aufgabe der Bioinformatiker, sagt Schütte. Mit dem Computer ließen sich auch Probleme der Gentechnik virtuell durchspielen. Wie verändern sich genmanipulierte Tomaten? Welche Auswirkungen haben sie auf andere Pflanzen, auf das Ökosystem oder auf den Menschen, der sie verzehrt? "Noch ist das Zukunftsmusik", sagt Schütte, aber in der Bioinformatik steckten Entwicklungsmöglichkeiten. Zudem sei vorstellbar, das Bioinformatiker bei der Entwicklung neuer Medikamente zum Einsatz kämen, zum Beispiel gegen Krankheiten wie Creutzfeld-Jakob, Alzheimer oder AIDS. "Sie können virtuell am Computer probieren, wie bestimmte Stoffe sich auswirken", erklärt er.

Laut Schütte müssen die Fachleute, die hier gebraucht werden, über ein grundlegendes Wissen in Biologie verfügen, vor allem aber über detaillierte Kenntnisse der Datenverarbeitung. "Die Nachfrage nach solchen Spezialisten ist sehr groß", sagt er. Die deutsche Forschungsgemeinschaft hat deshalb fachübergreifende Ausbildungsprogramme gefordert und die "Initiative Bioinformatik" ausgeschrieben, die neue Konzepte unterstützt. In diesem Rahmen hat die Freie Universität Berlin zum Wintersemester 2000 / 2001 das Fach "Bioinformatik" mit den Abschlüssen Bachelor und Master eingerichtet.

"Die Freie Universität will einen Schwerpunkt auf die Methodenlehre setzen", sagt Traugott Klose von der FU-Verwaltung. Die Hälfte der Studienleistungen muss in Mathematik und Informatik erbracht werden. Die zukünftigen Bioinformatiker müssen in den sechs Semestern bis zum Bachelor auch Molekularbiologie, Genetik, Chemie, Biochemie, Physiologie und Medizin büffeln. In einem Wahlfach können sie persönliche Schwerpunkte setzen, das achtwöchige Berufspraktikum vermittelt eine Vorstellung von der zukünftigen Berufspraxis. Ein Kurs zu ethischen und rechtlichen Grundfragen soll in Patentrecht und Umgang mit Patientendaten einführen, das Menschenbild der zukünftigen Bioinformatiker problematisieren und sie der Frage öffnen, inwieweit Gentechnik und deren Vermarktung damit vereinbar sind. "Das trojanische Pferd, das wir der Wirtschaft einschleusen", kommentiert Schütte.

Für den Masterstudiengang werden der Bachelor in Bioinformatik oder ein gleichwertiger Abschluss vorausgesetzt, gegebenenfalls müssen einzelne Teile der Bachelor-Ausbildung nachgeholt werden. Aus vier möglichen Studienbereichen werden zwei ausgewählt, wobei einer das Vertiefungsfach darstellt. In den drei Semestern soll zudem ein Forschungspraktikum absolviert werden.

Leistungen der Studierenden werden nicht in einer Abschlussprüfung sondern studienbegleitend durch Übungen und Einzel-Prüfungen ermittelt. Creditpoints (Leistungspunkte) für jeden Kurs sollen laut Schütte die internationale Vergleichbarkeit sichern und den internationalen Austausch ermöglichen. Zudem sind Lehrveranstaltungen in Englisch geplant.

Der Bachelor- und der Masterstudiengang an der FU sind nicht nur fachübergreifend angelegt, sondern beziehen über das "Netzwerk Bioinformatik und Theoretische Biologie in Berlin" auch verschiedene Institutionen wie das Max-Planck-Institut für Molekulare Genetik, das Konrad-Zuse-Zentrum für Informationstechnologie sowie den Studiengang Biophysik der Humboldt-Universität ein. Pro Studienjahr können 60 Studienplätze vergeben werden. In diesem Wintersemester beginnen sowohl ein Bachelor- als auch ein Masterstudiengang, Anmeldeschluss ist der 15. Juli.

Raoul Fischer

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