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Gesundheit: Parkinson-Therapie mit Video

Wie sich die Schüttellähmung auch zu Hause behandeln lässt

Herr A., 62, leidet seit zwölf Jahren an der Schüttellähmung, der Parkinsonschen Krankheit. Das Hirnleiden betrifft mit zunehmendem Alter etwa jeden Hundertsten. Bei Herrn A. war die Krankheit schon so weit fortgeschritten, dass er sich oft kaum rühren konnte. Ganz unvermittelt aber zwang ihn sein gestörtes Nervensystem zu grotesk hastigen und unkoordinierten Bewegungen.

Die Medikamente, die er nahm, hatten im Laufe der Jahre an Wirkung verloren. Und so versuchte man, ihm mit einem neuen Verfahren zu helfen, das sich noch im Versuchsstadium befindet – mit erstaunlichem Erfolg.

Gefördert wird das Modellprojekt von den Ersatzkassen. Deren Verband, der VdAK, gab dem Initiator, dem Koblenzer Mediziner Alexander Rzesnitzek, kürzlich in Berlin Gelegenheit, es der Öffentlichkeit vorzustellen.

Der Hintergrund des neuen Ansatzes: Um Parkinsonkranke „nach Maß“ behandeln zu können, muss man ihre Bewegungsstörungen genau beobachten, am besten in ihrer häuslichen Umgebung. Mit Hilfe einer Videokamera ist das möglich. Die schaltet der Patient 30 Tage lang mehrmals täglich für zwei Minuten ein. Sie zeichnet das jeweils gleiche Bewegungsprogramm auf, das der Klinikspezialist zuvor mit dem Patienten vereinbart hat und durch das der Parkinsonkranke per Lautsprecher geführt wird. Die Patienten können den Arzt vor der Kamera über ihr Befinden informieren. Beide stehen auch per Telefon oder Fax in Kontakt.

In der Regel kommt ein Parkinsonpatient für durchschnittlich drei Wochen ins Krankenhaus, wenn er auf die passende Kombination und Dosierung von Arzneimitteln „eingestellt“ werden muss, und das nicht nur ein Mal im Verlauf der Krankheit. Eigentlich ist auch das noch zu kurz, meint Rzesnitzek. Denn zur Behandlung der Beschwerden gibt es etwa 50 verschiedene Mittel. Einige wirken vor allem gegen das ständige Zittern und „Schütteln“, das bei manchen Kranken im Vordergrund steht. Andere lösen die lähmende Muskelstarre, die ihre Bewegungen hemmt, ihre Stimme monoton macht und ihr Gesicht maskenhaft erscheinen lässt. Wieder andere Substanzen dämpfen die hektische Überbeweglichkeit.

Nicht jedes Mittel hilft jedem Patienten, aber alle haben ernst zu nehmende Nebenwirkungen, die sorgfältig gegen die Wirkungen abzuwägen sind. Die Medikamente müssen für den individuellen Patienten je nach Alter, Stadium und Schwere der Krankheit, den vorherrschenden Symptomen und angepasst an seinen Tagesablauf zusammengestellt werden. Das erfordert eine wiederholte Beobachtung des Kranken und braucht viel Zeit. Mit der üblichen Krankenhausroutine ist das kaum vereinbar.

„Wir hätten uns nicht träumen lassen, wie schlecht unsere Patienten nach der Entlassung zu Hause zurechtkommen. Wir haben im Krankenhaus nicht genug Zeit für sie, wir werden ihnen nicht gerecht“, sagt Rzesnitzek. Wird ihnen ihr Klinikneurologe als „Hausarzt“ mit Hilfe der Kamera besser gerecht werden? Der „Erfinder“ des Verfahrens ist davon überzeugt.

Private Krankenversicherungen und die Beihilfe übernehmen bereits die Kosten der videounterstützten Behandlung zu Hause. Und die Ersatzkassen, die den Modellversuch tragen, zahlen den Kliniken eine Pauschale, gleich, wie kurz oder lang sie die Patienten stationär behandeln – oder auch, videounterstützt, ambulant.

Und was ist mit Herrn A.? Nach der erfolgreichen Behandlung fuhr er erst einmal in Urlaub.

Weitere Informationen: Studienkoordinationszentrum Koblenz, Telefon: 02 61 / 500 74 50. Deutsche Parkinsonvereinigung, Telefon: 021 31 / 410 16.

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