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PROF. TSOKOS ermittelt: Tod in der Mittagshitze

Der Leiter der Berliner Rechtsmedizin über die Folgen plötzlicher sommerlicher Wärmezufuhr für den KörperVon Michael Tsokos

Der Sohn saß hinten im Autositz und schlief friedlich, der Vater wollte ihn nicht wecken und entschied, das Kind im Auto zu lassen – er hatte kurz etwas beruflich zu erledigen. Draußen war es heiß, der Mann stellte den Wagen im Schatten ab, öffnete die Fenster ein wenig und ging. Bei seiner Erledigung muss er wohl die Zeit vergessen haben, denn als er vier Stunden später zurückkehrte, schien der Dreijährige immer noch zu schlafen. Der Vater rüttelte ihn, aber er wachte nicht auf. Das Kind war ins Koma gefallen, sein Kreislauf wegen der Hitze kollabiert.

Ein herbeigerufener Rettungswagen brachte den Jungen sofort ins Krankenhaus. Dort starb er zwei Tage später, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben. Bei der Obduktion stellten wir Nekrosen in verschiedenen Hirnarealen fest. Durch die Hitze waren zentrale Bereiche des Gehirns abgestorben, die für Atmung und Herzfunktion zuständig sind. Das Kind erlag dem Hitzetod.

Wenn die Körpertemperatur eines Menschen durch äußere Wärmezufuhr deutlich über 37 Grad steigt, sprechen Mediziner von Hyperthermie. Viele Menschen unterschätzen die Gefahr starker Hitzeeinwirkung auf den Organismus. Steigt die Körpertemperatur, erweitern sich die Blutgefäße, damit sie schneller Wärme abgeben können. Dadurch steht den zentralen Organen wie Herz und Lunge nicht mehr so viel Blut zur Verfügung. Gleichzeitig führt starkes Schwitzen dazu, dass der Körper vermehrt Wasser verliert. Infolgedessen sinkt das zirkulierende Blutvolumen. Parallel dazu kann es durch die Hitzeeinwirkung auf den Kopf zu einer Lähmung der Zentren kommen, die für Atmung und Herzschlag zuständig sind. Das führt beim Betroffenen zunächst zu einer Eintrübung der Wahrnehmung, dann zu einer Schläfrigkeit bis hin zum Bewusstseinverlust, Koma – und schließlich Tod.

Was sollen Helfer tun, wenn sie jemanden finden, der aufgrund von Hitze zusammengebrochen ist? Ist der Betroffene noch bei Bewusstsein, sollte ihm zuerst Flüssigkeit zugeführt werden. Ist das nicht möglich, müssen Sanitäter eine Infusion legen. Zudem sollten die Beine des Betroffenen hochgelagert werden, damit vermehrt Blut zum Herzen zurückfließen kann. Eventuelle Hirnödeme müssen in der Klinik behandelt werden.

Im Übrigen setzt Hitze nicht nur den Menschen zu. Vor kurzem geriet der Chefredakteur einer Tierfachzeitschrift in die Schlagzeilen. Sein Hund hatte sich unbemerkt ins Auto geschlichen, der Mann fuhr zur Arbeit und stellte den Wagen ab. Als er abends zurückkam, fand er das Tier tot.

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