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Gesundheit: Rezepte für einen gesunden Lebensstil

Wie Erbanlagen und Ernährung unseren Körper formen

Sie ist dreimal so schwer wie eine normale Feld-, Wald und Wiesenmaus. Und in Feld, Wald und Wiese ist sie auch nicht anzutreffen: Die „New Zealand Obese Mouse“ (etwa: Neuseeländische Fettmaus) wurde aus Forschungsgründen gezüchtet und verbringt ihr Leben im Labor. Der genveränderte Nager soll helfen, der Fettsucht beim Menschen, ihren genetischen Ursachen und ihren gesundheitlichen Folgen auf die Schliche zu kommen. Mäuse als Modell für ein Problem, das die Menschen der Wohlstandsländer immer häufiger betrifft: 20 Prozent der Deutschen gelten als deutlich bis stark übergewichtig, aus den USA werden weit drastischere Zahlen genannt.

Wenn der Mediziner und Chemiker Hans- Georg Joost sich mit übergewichtigen Mäusen und Menschen beschäftigt, dann geht es ihm dabei nicht um ästhetische Probleme. „Dicke können sehr erfolgreich und attraktiv sein“, versichert er sofort. Doch Übergewicht erhöht das Krankheitsrisiko. An erster Stelle ist der Diabetes vom Typ 2 zu nennen. Der Zusammenhang zwischen Übergewicht und dem „Altersdiabetes“, der zunehmend Jüngere befällt, ist das Hauptthema von Joost, der im letzten Jahr sein Amt als Direktor des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung in Potsdam angetreten hat.

Die Wohlstandskrankheit schlechthin, das Metabolische Syndrom, eine Kombination aus Übergewicht, Vorformen der Zuckerkrankheit, erhöhten Blutfettwerten und erhöhtem Blutdruck, steht im Mittelpunkt des Interesses. Durch Kreuzungen der Fettmaus mit dünneren Artgenossen haben die Forscher herausgefunden, dass die Gene, die für Fettsucht, Fettstoffwechselstörungen und Diabetes anfällig machen, auf verschiedene Chromosomen verteilt sind. Fast noch wichtiger: Die Gene zeigen ihre Auswirkungen nur, wenn der Lebensstil und das Verhalten das begünstigen. „Die Maus mit dem Diabetes-Gen kann also gesund bleiben, wenn sie schlank ist.“

Diese vielleicht wichtigste vorläufige Schlussfolgerung seiner Forschungsarbeit trug Joost jetzt bei einem Symposium am Uniklinikum Benjamin Franklin vor, mit dem das neue ambulante Hochschulzentrum für Endokrinologie, Diabetes und Ernährungsmedizin eröffnet wurde.

Das Deutsche Institut für Ernährungsforschung und das Franklin-Klinikum gehen gemeinsam diese drei eng miteinander verflochtenen Gebiete an. Die Endokrinologie beschäftigt sich mit Hormonen und ihren vielfältigen Aufgaben bei Steuerungsprozessen im Körper, also auch mit der Rolle von Insulin. Grundlagenforscher untersuchen etwa die Adipokine, Fettzellhormone, die das Diabetesrisiko beeinflussen.

Vor zwei Jahren wurde das Hormon Ghrelin entdeckt, das im Magen produziert wird und den Appetit reguliert. Matthias Tschöp vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung berichtete über das Hormon, an dessen Entdeckung er beteiligt war: „Höhe des Ghrelin-Spiegels im Blut und Appetit hängen zusammen.“ Möglich, dass sich solche Erkenntnisse für Arzneien nutzen lassen, die gegen Übergewicht oder gegen Appetitmangel wirken.

Dass nicht nur wenigen privilegierten Personen, sondern der gesamten Bevölkerung über einen langen Zeitraum hinweg Nahrungsmittel im Übermaß zur Verfügung stehen, ist ein historisch noch sehr junges Phänomen. Ernährungsforscher sprechen deshalb schon von der „Kühlschrank-Generation“. Genetisch sind wir eher auf das Überdauern von Dürre- und Hungerphasen eingerichtet als auf den permanenten Überfluss, der uns zur Verfügung steht. Das weiß man jedenfalls ganz sicher vom Wurm und von der Maus, wie Andreas Pfeiffer berichtete. „Bei allen bekannten Lebewesen geht eine beschränkte Kalorienzufuhr mit Langlebigkeit einher“, fasste der Leiter des neuen ambulanten Zentrums am Franklin-Klinikum zusammen.

Adelheid Müller-Lissner

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