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Gesundheit: Schrittmacher für das Gehirn

Helmholtz-Gemeinschaft vergibt Schrödinger-Preis

Menschen, die an Parkinson leiden, bekommen das Zittern und haben große Schwierigkeiten, Bewegungen wie das Zuknöpfen einer Jacke zu erledigen. In Deutschland gibt es offiziell 150 000 Betroffene, geschätzt werden 400 000. Wissenschaftler vom Forschungszentrum Jülich und der Universitätsklinik in Köln haben eine Methode entwickelt, die bei Parkinson ebenso helfen kann wie bei Epilepsie oder Multipler Sklerose.

Für diese Forschungen wurden auf der Jahresversammlung der Helmholtz-Gemeinschaft Peter Tass, Forschungszentrum Jülich, und Volker Sturm, Universität Köln, mit dem Wissenschaftspreis des Stifterverbandes ausgezeichnet. Dieser Erwin-Schrödinger-Preis ist mit 50 000 Euro dotiert. Die Helmholtz-Gemeinschaft propagiert die Forschungsergebnisse unter dem Titel „Hirnschrittmacher bringt Nervenzellen zur Vernunft“.

Worum geht es? Bestimmte Nervenzellen des Gehirns geben bei Parkinson-Patienten fehlerhafte Signale ab. „Während gesunde Nervenzellen ihre Signale gezielt und aufeinander folgend wie beim Dominoeffekt von einer Zelle zur nächsten weitergeben, feuern bei Erkrankten die Zellen einer bestimmten Hirnregion alle gleichzeitig.“ So schildern die Forscher die Probleme von Parkinson-Patienten, ihre Feinmotorik zu steuern.

Bei gesunden Menschen sorgt der Botenstoff Dopamin dafür, dass nicht alle Nervenzellen ihre Signale gleichzeitig abgeben. Viele Parkinson-Patienten produzieren zu wenig oder überhaupt kein Dopamin mehr. Die Gabe von Dopamin als Medikament hilft nur begrenzte Zeit und führt oft zu schweren Nebenwirkungen. Alternativ kann man die kranke Hirnregion mit Stromstößen von hoher Frequenz behandeln. Auch dieses „Dauerfeuer“ hat bei einer Anzahl von Patienten Nebenwirkungen und der therapeutische Effekt verschwindet wieder.

Die beiden Wissenschaftler haben nun mit Methoden der Mathematik und Physik ein neues Verfahren zur Hirnstimulierung entwickelt. Im Gehirn des Erkrankten wird eine schwache Stromquelle implantiert. Sie gibt gezielte elektrische Impulse an unterschiedliche Gruppen von Nervenzellen ab, die dadurch wieder „aus dem Takt“ gebracht werden. Erste klinische Prüfungen haben gezeigt, dass so das Zittern bei Parkinson- und Multiple Sklerose-Patienten unterdrückt wird.

Die Wissenschaftler erwarten, dass die „Hirnschrittmacher“ innerhalb von drei Jahren einsatzbereit sein werden. Für die notwendigen Implantate muss jedoch eine Firma gegründet werden. Denn den Universitäten ist es nur gestattet, die Grundlagenforschung bis zu einem Prototyp voranzutreiben. Sobald es um die wirtschaftliche Verwendung geht, sind die Firmen an der Reihe.

Uwe Schlicht

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